■ SommerSchule
: Abschied vom Pauker

In der SommerSchule diskutieren LeserInnen die Zukunft von Schule und Hochschule

Die Schule ist heute nicht in der Lage, junge Menschen in großer Zahl fit zu machen für die Bearbeitung der globalen Fragen am Ausgang des zweiten Jahrtausends: Umwelt, Frieden, technischer Fortschritt, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung. Das ist um so bedauerlicher, als für die Schule erhebliche Ressourcen an Zeit und Geld investiert werden.

Eine Ursache für diese Krise des Schulsystems ist die Krise der LehrerInnen-Bildung. Es wird in Deutschland immer noch ausgebildet wie vor fast 150 Jahren: Die Lehrerbildung ist strukturell getrennt in Theorie und Praxis, indem zwischen Studium und Referendariat unterschieden wird. Die Fachwissenschaften dominieren, Schulpädagogik und Fachdidaktik sind zweitrangig. Die Studienordnungen sind Gemischtwarenläden ohne Struktur, projektorientiertes und forschendes Lernen ist die absolute Ausnahme, die Persönlichkeitsentwicklung der jungen LehrerInnen bleibt auf der Strecke. Allesamt Fehler, die Schülerinnen und Schüler ausbaden müssen: Sie leiden unter dem mangelhaften Unterricht, den schlecht ausgebildete Lehrer erteilen.

Wenn eine Schulreform gelingen soll, muß sie auch Auswirkungen auf die LehrerInnen- Bildung haben. Kernpunkte einer notwendigen Reform könnten sein:

1. Alle Lehrer werden an einer gemeinsamen, universitären Institution zu Stufenlehrern ausgebildet.

2. Die beiden bislang unverbundenen Ausbildungsphasen an Hochschule und Studienseminar werden in ein zehnsemestriges Studium mit Praxisjahr und nachfolgender Reflexions- und Forschungsphase integriert.

3. Das Studium aller Lehrer besteht zu gleichen Teilen aus Erziehungswissenschaft, aus Fachwissenschaft und Fachdidaktik zweier Fächer bzw. Inhaltsbereiche sowie aus theoretisch reflektierten Praxiserfahrungen.

4. Studien zur Persönlichkeitsentwicklung (zum Beispiel Selbstreflexion, Konfliktmanagement und Beratungskompetenz) werden fester Bestandteil des Studiums aller Lehrer.

5. Theorie und Praxis sind wesentlich stärker vernetzt. Kernpunkt des Studiums ist die Planung, Durchführung und Reflexion von Projekten.

6. Nach dem Studienabschluß gibt es vielfältige Fortbildungs- und Betreuungsangebote für den Berufseinstieg.

7. Die gesamte Lehrerbildung wird demokratisiert – indem man die strukturellen und inhaltlichen Möglichkeiten der Mitentscheidung stärkt.

8. Pro Hochschule wird mindestens eine Laborschule eingerichtet, um den Unterricht zu entwickeln und zu erproben.

9. Das „Staatsexamen“ wird durch ein allgemeines „Diplom“ ersetzt, das zum einen die staatlichen Kultusbehörden aus der Lehrerbildung zurückdrängt und gleichzeitig die ausgebildeten Menschen beruflich unabhängiger vom Lehrerarbeitsmarkt macht.

10. Logisch in diesem Zusammenhang ist auch die Abschaffung des Beamtenstatus für Lehrerinnen und Lehrer.

Die Konzepte für zukunftsfähige Reformen sind da. Wie lange brauchen Bildungspolitik und Kultusbürokratien noch, um sie umzusetzen. Marc Böhmann

Der Autor lehrt an einer Hauptschule in Mannheim. Beiträge an: Bildung@taz.de