DGB: Unternehmen sind so böse!

Firmen verstoßen „millionenfach“ gegen die Schutzrechte von Arbeitnehmern, sagt ein neues „Schwarzbuch“. Stollmanns Firma Compunet sei dagegen harmlos  ■ Aus Bonn Ruth Ciesinger

Lohndumping, Hinterziehung von Steuern und Beiträgen zur Sozialversicherung finden sich inzwischen auch bei scheinbar seriösen Unternehmen, meint die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer. Die Schutzrechte von Arbeitnehmern würden „millionenfach“ verletzt. Durch gesetzliche Lücken und eine unzureichende Gesetzgebung sei der „grundgesetzlich geschützte Sozialstaat“ in Gefahr. Zudem könnten sich Arbeitnehmer aus Furcht vor Arbeitslosigkeit schlecht gegen die Rechtsbrüche ihrer Arbeitgeber wehren.

Diese Schlüsse zieht Engelen- Kefer aus einem Buch, das der DGB gemeinsam mit der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) herausgegeben hat. In dem „Schwarzbuch“ wird anhand von 48 Beiträgen dargestellt, wie in deutschen Betrieben Grauzonen zum Nachteil der Arbeitnehmer ausgenutzt oder schlicht Gesetze gebrochen werden. Davon sind auch große Unternehmen nicht ausgenommen. So wird der Fall eines Arbeiters im Opel-Werk Eisenach beschrieben, der über eine Zeitarbeitsfirma an das Werk vermittelt worden ist und wesentlich schlechter bezahlt wurde als die anderen Angestellten. In einer Schlecker-Filiale lag der Lohn einer Angestellten deutlich unter dem tariflich ausgehandelten Minimum. In einem anderen Drogeriemarkt sollte die Bildung eines Betriebsrates durch Abmahnungen verhindert werden.

Gestützt auf diese Beispiele forderte Engelen-Kefer, die Betriebsräte zu stärken, indem ihre Wahl erleichtert und ihre Arbeit entbürokratisiert wird. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende kritisierte darüber hinaus die „Ausgründung in Betrieben“. Hier würden „neue GmbHs zur Unterwanderung von Tarifverträgen gegründet, die alten Arbeitsverhältnisse aber bleiben gleich. Deshalb sollte hier in Zukunft auch der Betriebsrat weiter zuständig bleiben“, so Engelen-Kefer. Von der Bundesregierung forderte sie, die Einkommensgrenze für sozialversicherungspflichtige Jobs von 620 Mark im Westen beziehungsweise 520 Mark im Osten auf pauschal 200 Mark zu senken.

Engelen-Kefer bestritt Vorwürfe, aus dem Schwarzbuch bewußt die Computerfirma Compunet ausgelassen zu haben. Früherer Besitzer von Compunet ist der SPD-Schattenwirtschaftsminister Jost Stollmann. Ihm wird vorgehalten, jahrelang die Bildung eines Betriebsrates in seiner Firma verhindert zu haben. Dies sei ihr bekannt, sagte Engelen-Kefer, doch die Fälle in dem Schwarzbuch seien wesentlich gravierender. Sie hätte jedoch eine schriftliche Zusicherung Stollmanns für ein Gespräch mit dem DGB.