20 Jahre Vergütung

■ Wie die Hessische Elektrizitäts-AG Solarstrom kostendeckend schönrechnet - und das bisherige Programm nebst Zuschüssen streicht

Den Landeszuschuß abgezogen, plus keinen Zählerrechnungspreis, geringere Kreditzinsen und keine Kosten für die Inbetriebnahme – macht 1,28 Mark pro Kilowattstunde. So jedenfalls rechnen Südhessen. Seit Februar dieses Jahres zahlt die Hessische Elektrizitäts-AG (HEAG) mit Sitz in Darmstadt im Rahmen ihrer „Energie Aktion 2000“ als, wie sie selbst sagt, erster regionaler Energieversorger der Republik 1,28 Mark für Solarstrom – und damit nach ihrer Berechnung kostendeckend.

Die in diesem Jahr bei einem Round-table mit Vertretern aus Landeswirtschaftsministerium, Verbraucherberatung, Eurosolar, Städtetag und Verein deutscher Elektrizitätswerke in Nordrhein- Westfalen als kostendeckende Vergütung bestätigten 1,89 Mark hat der hessische Versorger dabei als Grundlage genommen. Die HEAG kumuliert: Denn 30 Prozent gibt das Land Hessen pro Solaranlage als Zuschuß, 1,28 Mark plus die kumulierten 30 Prozent ergeben nach dieser Rechnung etwa 1,74 Mark pro Kilowattstunde. Daß keine Gebühren für Zählermiete und Abrechnung (der sogenannte Verrechnungspreis) erhoben werden, schreibt sich das Unternehmen weiterhin zugute – und hat damit alles in allem die 1,89 Mark erreicht. Mit dieser neuen Vergütung streicht der Energieversorger sein altes Programm, das bisher einen einmaligen Zuschuß von 3.000 Mark pro Anlage vorsah. Durch das neue Prinzip der kostendeckenden Vergütung sei eher gewährleistet, daß sich die Anlagenbesitzer um einen optimalen Betrieb kümmerten, findet das Unternehmen.

Für insgesamt 800 kW Spitzenleistung ist das neue Förderprogramm ausgelegt. Zwischen 200 bis 400 Solaranlagen – gefördert werden Anlagen zwischen einem und fünf Kilowatt – sollen so auf privaten Hausdächern entstehen. 66 Städte und Gemeinden mit insgesamt rund 760.000 Einwohnern umfaßt das Versorgungsgebiet des Unternehmens in Südhessen. „Umfragen bei unseren Kunden haben ergeben, daß sie ein großes Interesse an regenerativer Energie haben“, sagt Josef Werum von der HEAG-Anwendungsberatung. Doch nicht nur die Möglichkeit, sich im Wettbewerb hervorzuheben, machte den Weg für die kostendeckende Vergütung à la HEAG frei. Auch die Politik hatte diesmal einen maßgeblichen Anteil: Die rot-grüne Koalition in Darmstadt war es 1995, die den Stein ins Rollen brachte und den Magistrat der Stadt aufforderte, mit dem Energieversorger über die kostendeckende Vergütung zu verhandeln. Darmstadt ist Hauptaktionär der Hessischen Elektrizitäts-AG, und deshalb „kann die Stadt Wünsche äußern, die eben nicht nur betriebswirtschaftliche, sondern auch ökologische Zeichen setzen“. Davon profitieren in diesem Fall auch die Besitzer älterer Solaranlagen: Statt 17 Pfennig, die sie bisher für ihren Strom bekamen (die Kilowattstunde der HEAG kostet derzeit 23,6 Pfennig), erhalten sie seit April 50 Pfennig. „Wir haben uns etwa zweieinhalb Jahre gegeben, um das Ziel von 800 kW zu erreichen“, so Werum.

Bisher scheinen Bauherren in Südhessen positiv auf das Angebot zu reagieren. 71 kW sind bereits bewilligt, für weitere 140 kW liegen Anträge vor. Der Solarstrom wird direkt in das Netz der HEAG eingespeist, die Vergütung von 1,28 Mark ist den Betreibern der Solaranlagen für 20 Jahre garantiert – auch wenn sich innerhalb dieser Zeit das Stromeinspeisungsgesetz oder der als kostendeckend festgestellte Betrag ändern sollte. Nach dieser Zeit soll sich die Anlage amortisiert haben. Dann kann der Solarstrom weiterhin in das Netz eingespeist werden – allerdings zu dem dann gültigen Satz. „Oder man speist es eben direkt in das Haus ein.“ Mit einer 5-kW-Anlage könnte theoretisch der Strombedarf eines Haus gedeckt werden. Durchschnittlich 3.600 Kilowattstunden pro Jahr werden derzeit nach Berechnungen des Unternehmens im Versorgungsgebiet in einem Haus verbraucht, eine 5 kW- Anlage produziert etwa 4.000 Kilowattstunden.

Mehr als 16 Millionen Mark kostet den Energieversorger die garantierte Einspeisevergütung über 20 Jahre. Doch ganz frei von betriebswirtschaftlichem Denken ist man natürlich auch in Südhessen nicht. Noch sind die Verbraucher von einer eventuellen Strompreiserhöhung entfernt, doch bei aller Liebe zur Photovoltaik: Wird bis zu der Leistung von 300 kW alles „aus dem Gewinn des Unternehmens“ getragen und nicht auf den allgemeinen Strompreis umgelegt, sollen danach bis zum Erreichen der Spitzenleistung von 800 kW „in Absprache mit der Stadt“ die Stromkunden doch zur Kasse gebeten werden. Ralf Ansorge