Roth warnt vor Aushöhlung des Asylrechts

■ Bündnisgrüne Europaabgeordnete kritisiert Papier des österreichischen Innenministeriums

Bonn (taz) — Als einen „Schutz vor Flüchtlingen und keinen Schutz für Flüchtlinge“ bezeichnet Claudia Roth das „Strategiepapier zur Migrations- und Asylpolitik“ der österreichischen EU-Präsidentschaft. Der Anfang der Woche bekanntgewordene Entwurf schlägt ein neues Konzept für eine europäische Flüchtlingspolitik vor. Die bündnisgrüne Europaparlamentarierin vermutet, daß das Papier „in engster Kooperation und Absprache mit deutschen Partnern“ zustande gekommen ist.

Roth bezeichnet den österreichischen Vorschlag als „Aushöhlung des Flüchtlingsrechts“. Wenn Asyl als „politisches Angebot des Aufnahmelandes“ zu verstehen sei, werde damit die „Grundidee des individuellen Schutzrechtes“ konterkariert. Heftig kritisierte sie außerdem ein „Konzept der konzentrischen Kreise“, das das Strategiepapier vorschlägt. Dadurch soll „das Modell der Festung Europa“ ersetzt werden. Der harte Kern der neu zu schaffenden Festungswälle bestünde aus den Schengener Staaten, umgeben von einem weiteren Ring aus Assoziationsstaaten. Ein dritter Kreis soll GUS-Länder, nordafrikanische Staaten und die Türkei miteinschließen. „Jetzt wird klar, warum man unbedingt Flüchtlingslager in der Türkei einrichten möchte“, meint Roth.

Der europäische Flüchtlingsrat will jetzt das Strategiepapier überprüfen, um dann mit der österreichischen Ratspräsidentschaft darüber zu diskutieren. Vorstandsmitglied Harald Löhlein kann nach einer vorläufigen Einschätzung einigen Punkten im kleinen Rahmen zustimmen. Interethnische Konflikte sind tatsächlich viel häufiger der Grund für Flüchtlingsbewegungen als noch vor 40 Jahren. Ebenso sei der Mechanismus der „vorübergehenden Schutzgewährung für Flüchtlinge bei Masseneinwanderung“ durchaus sinnvoll. Allerdings werde die Schwelle eindeutig zu niedrig angesetzt, wenn die Einwanderungswelle von Kurden nach Italien im Dezember vergangenen Jahres unter diese Regelung falle.

Inzwischen zitierte die Wiener Zeitung Standard den österreichischen Innenminister Karl Schlögel, der seine Bereitschaft, Teile des umstrittenen Papiers zurückzuziehen, erklärt haben soll. Ruth Ciesinger