Mit dem Kinderroller in den Videoclip

■ Knapp 600 SchützInnen nahmen an der 41. Deutschen Meisterschaft im Bogenschießen teil

„Das sieht nicht gut aus.“ Carsten Klenke ist mit seiner Leistung unzufrieden: „Mein Ziel waren 300 Ringe.“ Doch mit den ersten 36 Pfeilen hat er nur 281 Ringe geschossen und liegt auf dem 66. Platz. Trotzdem ist der 37jährige Kraftfahrer optimistisch, greift zu seinem Bogen und hofft, sich im zweiten Durchgang für die Finalrunde zu qualifizieren.

Am zweiten Tag der 41. Deutschen Meisterschaft im Bogenschießen im Freien auf dem Gelände der Hamburger Bogenschützen Gilde (HBG) in Langenhorn schießen 185 Frauen, Männer und JuniorInnen mit dem klassischen Recurve-Bogen. Er hat seinen Namen von dem Gegenschwung seiner Wurfarme. „Dadurch bekommt der Bogen mehr Kraft“, erklärt Uwe Tomhave von der HBG. Doch die Zahl derjenigen, die sich dem Compound-Bogen zuwenden, wächst: „Er hat einige Vorteile“, so Tomhave. Dank der auffälligen Rollen am Ende des Wurfarms ist die anfängliche Spannung der Sehne zwar höher, aber ab einem bestimmten Punkt geht sie rapide zurück und der Schütze kann den Bogen ruhiger halten. Außerdem kann man mit ihm besser zielen: „Im Gegensatz zum Recurve befindet sich eine Linse in der Sehne, die mit dem Visier, ähnlich wie Kimme und Korn beim Gewehr, eine Ziellinie bildet.“ Bei den Recurve-Schützen wird der Compound ob der Rollen, die der Kraftübertragung dienen, gerne „Kinderroller“ genannt.

Die Anlage ist von drei Seiten mit Bäumen umstanden, ein Erdwall dient als Pfeilschutz. Davor sind 50 große Strohscheiben aufgereiht. Einzig das Donnern der Flugzeuge erinnert an den nahegelegenen Airport Fuhlsbüttel. Auf dem einstigen Abfallgelände der städtischen Baumschule haben sich die BogenschützInnen komfortabel eingerichtet: Zwei große Holzhäuser beherbergen Vereinshaus und Gerätelager. Für die TeilnehmerInnen wurden zusätzlich 32 Zelte als Unterstand aufgebaut.

Nach dem Ende der Qualifikationsrunde ist Carsten doch etwas geknickt. „Schade, dabei habe ich sogar zwei Ringe mehr geschossen.“ Trotzdem rutscht er auf den 68. Platz ab und ist raus. Wie sein Teamkollege Bernd Bölter, der bei seiner ersten Deutschen Meisterschaft den 55. Rang belegt. Nur Heiko Knüppel hat sich für die Finalrunde qualifiziert. „Den werden wir jetzt anfeuern“, lacht Carsten wieder, nimmt seinen Bogen auseinander, Stabilisatoren, Sehne, Wurfarme, Mittelteil, und packt sie zusammen mit seinen 14 Pfeilen in einen Alukoffer. In der Finalrunde setzt Nieselregen ein. Doch das stört die SchützInnen nicht. Für Carsten ein eindeutiger Vorteil: „Der Wind hat aufgehört.“ Problematisch wird es erst bei starkem Regen, „dann wird alles schwer: Pfeil, Bogen, Kleider, Arme“.

Im Achtelfinale scheitert Heiko, obwohl er den Dritten der Qualifikation, Stefan Griem, vorher rausgeschmissen hat: „Immerhin habe ich mich vom 30. auf den 10. Rang verbessert und mein persönliches Ziel erreicht“, strahlt er.

Zwar haben die Hamburger bei dieser Meisterschaft sportlich keine große Rolle gespielt, trotzdem war die Veranstaltung für die HBG ein Riesenerfolg: “Alle waren bisher sehr, sehr zufrieden“, freut sich der 1. Vorsitzende Eberhard Runge. Enttäuscht ist er nur von dem Desinteresse der Medien. Dabei ist Bogenschießen eigentlich sehr präsent. So stand Carsten für den Videoclip „Es geht voran“ von DJ Xelia vor der Kamera: „16 Stunden mußte ich als schwarzgekleideter Ninja-Kämpfer mit einem Compound-Bogen posieren.“ Edwin Feindt

Ergebnisse:

Recurve-Bogen, Herren-Einzel: Junioren: Michael Frankenberg, Schützen: Alexander Fräse, Altersklasse: Bernhard Schulkowski, Senioren: Gerd Mollitor; Mannschaft: Junioren: BB Berlin, Schützen: 1. Berliner Bogenschützen, Altersklasse: Griebeler SV; Damen-Einzel: Juniorinnen: Britta Bühren, Damen: Jutta Schneider, Altersklasse: Bärbel Henke. Mannschaft: Sgi Welzheim

Compound-Bogen: Herren-Einzel: Schützen: Rainer Voss, Altersklasse: Falk Schaefer, Mannschaft: TSV Niederelsungen; Damen-Einzel: Damen: Heike Kannegießer, Mannschaft: Feldbogenclub Hamburg