Berti - jetzt erfindet er den Fußball neu

■ Nach Auswertung der "gelungenen Extremsituation" von Malta plant DFB-Trainer Vogts eine taktische Revolution. Um die Innenverteidigung zu stärken, spielt er im Entscheidungsmatch in der Türkei mit

Viele Deutsche fragen sich seit Samstag besorgt: Was ist mit Berti Vogts los? Nach dem 1:1 des von ihm trainierten DFB- Teams gegen Rumänien in La Valletta wirkte der DFB-Trainer seltsam unbeleidigt. Dabei schien manches extrem: Keine Zuschauer, kein Fußballspiel etwa. taz weiß: Das war alles Absicht. „Ich wollte hier diese Extremsituation testen. Das ist gelungen“, sagt Berti. Weil das nicht alle so sehen, lodert aber inzwischen wieder alte Energie in ihm. „Ich muß langsam sagen“, sagt er, „vielleicht freuen sich manche sogar, wenn die deutsche Mannschaft verliert.“

Gibt es eine neue Verschwörung? Vogts (51) deutet an, es solle sich bei den Verschwörern um einige „Journalisten“ handeln. Ihre mentale Verfassung nennt er „Hysterie“, ihre Taktik „aggressive Berichterstattung.“

Was ist das Problem?

Zunächst gilt es den Vorwurf zu entkräften, die Spiele gegen Rumänien (1:1) und Malta (2:1) hätten nichts gebracht. Falsch: Die ARD konnte übertragen, der DFB sechs Millionen Mark abkassieren.

Mußte man zusehen?

Nein. Im anderen Fernsehkanal kam eh Volksmusik-Hitparade.

Was waren die Spiele wert?

„Ich wollte Fingerzeige sehen, und das habe ich“, sagt Berti. Wenn jedes der Spiele einen Fingerzeig gab und jede der vier Trainingseinheiten auch einen, macht das zusammen sechs Fingerzeige.

Welche Fingerzeige hat Berti?

Berti plant eine revolutionäre Entwicklung des Spielsystems. Er schafft nach den Erkenntnissen von Malta die vom ihm selbst erfundene „ballorientierte Gegnerdeckung“ ab. Warum? Beim maltesischen Treffer als auch bei der Szene, die zu Rumäniens Strafstoß führte, hatten die deutschen Innenverteidiger sehr ballorientiert operiert. Das geht so doch nicht. „Das ist wichtig, daß ich das hier erkannt habe“, sagt Berti.

Wie reagiert Berti?

Wo andere verzweifeln würden, hat Berti längst eine neue Idee. „Wir brauchen eine Absicherung, damit die Innenverteidiger beruhigter in den Zweikampf gehen können“, sagt er. Berti nennt diese Absicherung „Libero“. Dieser Libero hinter der Abwehr operiert ballorientiert und gegnerlos und kann so Löcher stopfen und Bälle nach vorne schlagen. Trifft er dabei den Kopf von Kapitän Bierhoff, hätte man gleich eine erfolgsversprechende Angriffsvariante.

Wer könnte „Libero“ spielen?

Matthäus. Oder Willi Schulz.

Was hat der Ausflug noch gebracht? Die Spieler wissen jetzt, nach welchem System wer mit wem am Tisch sitzt. Es gab außerdem wertvolle Fingerzeige, wer einmal der Nachfolger von Andreas Möller in der Schafkopfrunde sein könnte.

Sind die Spieler gut genug?

Ja. Denn Möller, der taktische Schwächen hatte, weil er sich die gefallenen Karten nicht merken konnte, ist nicht mehr dabei.

Was ist mit Assauers Vorwurf?

Schalke-Manager Rudi Assauer sagt: „Es ist sehr verwunderlich, daß Spieler in ihren Klubs gute Leistungen bringen – und in der Nationalmannschaft nicht.“ Geht das gegen Berti?

Was sagt Günter Netzer dazu?

Falsch. Netzer sagt: „Selbstvertrauen hat auch mit Qualität zu tun. Viele Spieler genügen den Anforderungen einfach nicht.“

Was sagt Netzer noch?

Netzer sagt: „Der Funke hat gefehlt.“ Antonio Osvaldo Funke (32) ist womöglich ein talentierter Regionalligaspieler, dessen Antrag auf die deutsche Staatsbürgerschaft läuft.

Geht das DFB-Team in der Türkei in der EM-Quali unter?

Vielleicht nicht. Berti sagt: „Ich glaube nicht, daß wir in der Türkei untergehen.“

Was macht Berti so stark?

Er ist beauftragt. „Ich könnte es mir sehr leicht machen und sagen, das war's.“ Er macht es sich aber schwer. „Ich habe hier einen Auftrag, und den werde ich erfüllen.“

Welchen Auftrag hat Berti?

Aggressive Berichterstatter argwöhnen: Die Vernichtung des deutschen Verbandsfußballs. pu