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Alles beim alten in München, in Bonn alles neu?

■ Das bayerische Landtagswahlergebnis wird bundespolitisch unterschiedlich interpretiert

Berlin (taz) – Es ist bei jeder Landtagswahl das selbe. Das Ergebnis wird von denen, die gewinnen, immer auch als positiver Trend für Bonn interpretiert; die, die verlieren, wissen immer ganz genau, daß ihre Schlappe natürlich keine bundespolitischen Auswirkungen haben wird. Diesen Automatismus konnte man gestern bereits eine Minute nach 18 Uhr, kurz nach der ersten Prognose, studieren. Erwin Huber, der bayerische Finanzminister, feierte ein „grandioses Ergebnis“ für die CSU, das gleichzeitig eine Niederlage für Schröder und Lafontaine sei.

Der SPD-Kanzlerkandidat und der Parteivorsitzende hätten sich so sehr wie nie zuvor in Bayern engagiert, also müßten sie das magere Ergebnis der Sozialdemokraten auch auf ihre Kappe nehmen. Hubers Kurzprognose für Bonn : „Der Ausgang der Bundestagswahl ist offen.“

Die Bundesprominenz der SPD hielt sich mit schnellen Kommentaren zurück. Bayerische Sozialdemokraten verwiesen darauf, daß sie im Wahlkampf immer wieder Leute getroffen hätten, die jetzt CSU wählen wollten, bei der Bundestagswahl jedoch Schröder und der SPD den Vorzug geben würden. Otto Schily, Innenminister in Schröders Schattenkabinett, wagte sich dann als erster „Bonner“ aus der Deckung. Stoiber habe ein „sehr gutes Ergebnis“ erzielt, sagte Schily, aber dieser verstehe es eben auch, Distanz zu Bonn zu halten. „Das hier war klar eine Landtagswahl.“ In zwei Wochen würden in Bayern mehr Leute SPD wählen.

Die Wahlforscher geben sich in dieser Frage wie immer sehr nüchtern. „Bayern war in erster Linie eine Landtagswahl“, so Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen. Von Journalisten und Politikern werde dieses Landesergebnis aber immer so interpretiert, daß es am Ende dann fälschlicherweise doch als ein Test für Bonn dastehe. J. K.

„Ab heute gibt es einen Stimmungswechsel“ Das starke Wahlergebnis für die CSU weckt Freude, Stolz und Zuversicht für die Bundestagswahl. Stoiber spricht von einer „Steilvorlage“ für Bonn. Die SPD redet ihr Ergebnis schön

München (taz) – Die Damen und Herren im Eingangsbereich, die darauf aufpassen müsse, daß keine unerwünschte Person das Maximilianeum betritt, sind bestens gelaunt: „Das ist doch keine Arbeit, sondern ein Vergnügen, heute hier zu sein – bei diesen Hochrechnungen.“ Ein Vergnügen? Die Journalisten treten sich im Landtag die Füße platt.

Gerade ist die erste Hochrechnung über die Schirme geflimmert, da rennen alle zur hinteren Einfahrt, vorbei an zahlreichen Monitoren, wo gerade Renate Schmidt ohne Ton zu sehen ist, denn dort muß bald der strahlende Sieger auftauchen, der alte und neue Ministerpräsident. Lächelnd tritt er an die Mikrofone, um den Wählern zu danken. Mit dem selben sanften, kalkulierten Lächeln, mit welchem er schon in Wahlwerbespots die Wähler um ihre Stimme gebeten hat: „Die Wählerinnen und Wähler haben sich für ein starkes Bayern entschieden.“ Er ist stolz, denn wieder einmal habe es die Union geschafft, links- und rechtsextreme Parteien aus dem Landesparlament zu halten. „Ab heute gibt es einen Stimmungswechsel in Deutschland“, freut sich Stoiber. Immer wieder wird er vom Jubel seiner Anhänger unterbrochen, etwa, als er in gewohnter Fußballmetaphorik von einer enormen „Steilvorlage“ für Helmut Kohl spricht und von einer „Ohrfeige für die SPD“. Von unten, vor dem Podium, bewundert ihn seine Frau, neben ihr Irene Epple, die Frau von Theo Waigel. Die Lippen ebenso geöffnet, gebannt vom Erfolg der Männer. Wie Stoiber ist auch Theo Waigel schon leicht heiser, aber er freut sich sichtlich: „Die SPD ist damit gescheitert, die Bundespolitik zum Thema dieser Wahl zu machen.“ Das SPD-Plakat „CSU = Kohl“ hätten die Menschen wohl für einen geschickten Wahlkampfgag der CSU gehalten. Und schon startet Waigel auch hier in Bayern den Bundestagswahlkampf. Endlich. Kaum haben die Christsozialen die absolute Mehrheit im Alpenland in der Tasche, sind alle Ressentiments gegen die Bonner Regierung verflogen, ist Helmut Kohl nicht nur ungenannter Partner, sondern guter Freund der Herren Stoiber und Waigel.

„Warum sind eigentlich die Grünen drin?“ fragt ein begeisterter CSU-Anhänger seinen gleichgesinnten Nachbarn, als ob das seine Feststimmung etwas trübe. „Da müssen wir das nächste Mal besser aufpassen“, sagt der andere, und beide lachen. „Die Grünen muß man“, meint der erste, „im Maximilianeum schon suchen.“ Während die CSU-Fraktion in zwei Sälen, die SPD immerhin in Saal 3 des ersten Obergeschosses des Altbaus residiert, müssen sich die Alternativen mit einem „Bürokleinzimmer“ zufrieden geben, und auch das hätte man doch eigentlich schon anders verplant: „Naja, dann halt in fünf Jahren.“

Auch die SPD will diese Wahl zu einem Sieg schönreden: Im Landesdurchschnitt habe sich die Partei verbessert, und in 14 Tagen würden die Karten neu gemischt. „Diese Landtagswahl“, meint Otto Schily, „ist kein Signal für die Bundestagswahl.“ Mit Spannung verfolgen die Sozialdemokraten das einzige Rennen des Abends, das sie vielleicht noch gewinnen können. In Nürnberg kämpft Spitzenkandidatin Renate Schmidt gegen Innenminister Günther Beckstein um das Direktmandat. Stefan Kuzmany

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