■ Vorschlag
: Familienabend: Stephan Kimmig inszenierte „Väter und Söhne“

Die Bühne ist schön, die hat man gleich verstanden. Viele rote Plastikblumen stecken im Boden, einzeln und ungeschützt – darf man nicht drauf treten. Natürlich werden sie doch zertreten, das ist ja die Geschichte. Es geht um die Jugend und den revolutionären Geist, und daß beides nur zusammen existiert und meistens nicht sehr lange. Iwan Turgenjew schrieb vor über 130 Jahren „Väter und Söhne“, der irische Dramatiker Brian Friel hat den Stoff neu gefaßt, die deutschsprachige Erstaufführung fand letzten Samstag unter der Regie von Stephan Kimmig und im Bühnenbild von Cary Gayler im Maxim Gorki Theater statt.

Für den 38jährigen Kimmig ist diese Arbeit eine Berlin-Premiere. Sonst arbeitet er – als Mann der Stille sehr geschätzt – in Stuttgart und Heidelberg. Auch „Väter und Söhne“ ist eine an Effekten arme, aber nicht uneffektive Inszenierung. Man versteht sehr gut und sehr schnell, wer hier was tut und warum. Wie die Bühne ist auch die ganze Inszenierung ein Bild. Es wird koloriert, schattiert und nachgezogen, nicht aber gestaltet, zerstört oder neugeschaffen. Zweidimensionales Theater, was meint: Umsetzung von Literatur. Aber das sensibel psychologisierend und angenehm temperiert.

Da sind das liberale Gutsherrenmilieu und das weniger liberale Bildungsbürgertum, und da sind Jewgenij und Arkadij: Studenten und Nihilisten. Da sind aber auch die Frauen, und da ist der Typhus. Der Starke bricht, der Schwache schwankt. Man muß sich das ansehen, wenn man mag. Und man kann es mögen, denn gespielt ist das in aller akkordeongeschwängerten Zügigkeit mit einer schönen Ruhe im Figurenkontakt. Marcus Mislin zeigt den Gutsherren als wohnküchenerfahrenen 68er-Vater, Alexander Hörbe den gesellschaftsverachtenden Arkadij als lasziv-plebejischen Glatzenträger. Ursula Werner und Klaus Manchen sind herrliche Spießer mit Herz, Anna Steffens verhehlt als neue Frau des Gutsherrn nicht ihre unerfüllten Leidenschaften. Ein Abend der klaren Andeutungen und vernünftigen Entschlüsse, doch ohne Erkenntnisse. Sentimental, aber nicht traurig, lustig, aber nicht grotesk. Petra Kohse

Heute, 21., 24. 9., 19 Uhr, Maxim Gorki Theater, Unter den Linden