Guatemalas Exguerilla ohne Kopf

■ Ricardo Ramirez, Generalsekretär der ehemaligen Guerilla URNG, erlag einem Herzinfarkt. Wer seine Nachfolge antritt, ist noch offen

San Salvador (taz) – Die „Nationalrevolutionäre Einheit Guatemalas“ (URNG) hat ihren brillantesten Organisator verloren: Am Wochenende ist Ricardo Ramirez, besser bekannt unter seinem Guerrilla-Namen Rolando Morán, in einem Krankenhaus in Guatemala-Stadt im Alter von 69 Jahren einem Herzinfarkt erlegen. Die URNG verliert mit ihm den Mann, der aus einer militärischen Organisation eine linke politische Partei formen sollte.

Ramirez, der stets unzugänglich und mürrisch wirkte, war am vergangenen Mittwoch mit akuten Atembeschwerden ins Krankenhaus eingeliefert und am Donnerstag operiert worden. Die Ärzte bezeichneten seinen Zustand zunächst als „stabil“. In der Nacht zum Samstag erlitt er einen tödlichen Herzinfarkt.

Ramirez war bereits Ende der fünfziger Jahre in die damals illegale Jugendorganisation der Moskau-orientierten „Guatemaltekischen Arbeitspartei“ (PTG) eingetreten. Anfang der siebziger Jahre gehörte er zu den Mitbegründern des „Guerrillaheers der Armen“ (EGP) und baute dieses innerhalb eines Jahrzehnts zur schlagkräftigsten bewaffneten Gruppe Guatemalas auf.

1982 schloß sich das EGP unter seiner Führung mit der „Revolutionären Organisation des Volkes in Waffen“ (ORPA), den „Bewaffneten rebellischen Streitkräften“ (FAR) und der PTG zusammen. Es entstand die Guerilla-Dachorganisation URNG. Ramirez gehörte seither zu ihrer Generalkommandantur. Seit dem Friedensvertrag Ende 1996 war er als Generalsekretär des „Komitees zur Parteigründung“ für die Umwandlung der URNG von einer militärischen in eine politische Organisation verantwortlich.

Die Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú würdigte Ramirez in einer am Sonntag in Mexiko veröffentlichten Erklärung als einen „Verteidiger der Rechte der indigenen Völker“, der sein Leben „dem Kampf für Demokratie, Gerechtigkeit und Gleichheit in Guatemala gewidmet“ habe.

Wer ihn in der URNG als Generalsekretär ersetzen wird, ist bislang noch unklar. Prominentester Kopf ist ORPA-Chef Rodrigo Asturias (alias Gaspar Ilom), der Sohn des ehemaligen Literatur- Nobelpreisträgers Miguel Angel Asturias. Allerdings war seine Organisation kurz vor dem Abschluß des Friedensvertrags in die Entführung einer Unternehmerin verwickelt, was damals fast zum Abbruch der Verhandlungen geführt hätte. Als weiterer Kandidat ist FAR- Chef Jorge Soto (alias Pablo Monsanto) im Gespräch, der als Stellvertreter von Ramirez bereits kommissarisch die Nachfolge als Generalsekretär angetreten hat. Toni Keppeler