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Soundcheck I

■ June Tabor

Gehört: June Tabor. Ich hatte einen Traum. In dem Traum bekommt Celine Dion von ihrer besten Freundin eine CD von June Tabor geschenkt, nach deren Genuß die kanadische Großbardin spontan beschließt, ihre eigenen Bemühungen einzustellen. Wie gesagt: Ein Traum.

Als ich aufwache, verlieren sich gut 100 Getreue in der zur rauchfreien Zone erklärten Fabrik, um der britischen Sängerin die Ehre zu erweisen. Tabor wird nie gewinnbringend eine Titanic versenken und gehört doch zu den großen Interpretinnen – gerade weil sie ihr Material aus vier Jahrhunderten nicht mit großen Gesten und forcierten Emotionen erschlägt. Nüchtern, aber nie teilnahmslos seziert sie die Verhältnisse. Eine Welt, die nicht ist, wie sie sein könnte, eine Liebe, die wieder mal in Verrat erstirbt: Auf diesen Minenfeldern gibt es kaum eine kundigere Spürtruppenführerin. Störend allenfalls, daß Tabor zuweilen zu ausführlich in die Song-Wahl einführt. Dabei bleibt schon mal die Imagination auf der Strecke, die sie für sich selbst reklamiert.

Auch ihre Kapitalismuskritik bleibt bieder, wirkt aber in der Zeit des gemeinen Mittelklasse-Aktionärs fast schon wieder erfrischend. Nur das Madonna-Prinzip hat Tabor doch irgendwie mißverstanden, wenn sie Frau Ciccone in einem Schwank um gekaufte Lust als Hure besetzt und so suggeriert, für Geld würde die alles tun. Wo doch längst alle alles tun würden, um ihr Geld geben zu können. Langer Beifall am Schluß. Mit der einzigen Zugabe, dem sanften Hoffnungsschimmer „Somewhere Over The Rainbow“, entläßt June Tabor die Fan-Gemeinde in die Realität. Da reißt Harald Schmidt gerade die 117. Clinton-Zote. Und am nächsten Morgen dröhnt Dion wieder aus dem Transistor. Ausgeträumt, endgültig. Jörg Feyer

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