Wer ist der Bürger?

■ Bürgerschaft: Streit über Umbau des Grindels und über Fixerraum Hoheluft

„Warum hört der Senat nicht auf den Bürger?“, fragte gestern die CDU-Fraktion in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft. Besonders beklagenswert ist dieser Mißstand dort, wo der Bürgerprotest die Zustimmung der Christdemokraten findet. Als Beispiele nannte der CDUler Bernd Reinert den verkehrsberuhigenden Umbau des Grindelhofes und den geplanten Fixerraum Hoheluft. In beiden Fällen machen BürgerInnen mobil.

Am Grindelhof, so Reinert, „wird der Autoverkehr schikaniert“. Und dagegen wehren sich vor allem Geschäftsleute, die Umsatzeinbußen fürchten. „Lustig“, findet der GALier Martin Schmidt, daß die CDU plötzlich den Bürgerwillen entdeckt habe. Bei der Volksgesetzgebung hätten sie dem Volk noch ihr tiefes Mißtrauen ausgesprochen. Im übrigen seien die Befürchtungen der Ladeninhaber durch nichts zu belegen – das Gegenteil sei vielmehr richtig: „Die Kundschaft wird's besser haben.“ Als „demagogisch“ geißelte der SPDler Rolf Polle das CDU-Anliegen: „Den Bürger gibt es doch gar nicht.“ Das lerne man doch in jeder Politik-Einführung. Vielmehr „gibt es verschiedene Interessen“. Und die seien in den vergangenen Jahren bis zur Kieferlähmung gegeneinander abgewogen worden. Die erste Diskussion liegt bereits rund 20 Jahre zurück. „Sie von der CDU fordern doch immer, daß der Senat nicht nur reden, sondern auch entscheiden solle.“ Das Verwaltungsgericht hat im übrigen gestern eine Klage gegen den Umbau zurückgewiesen.

Noch empörter als über den Grindelhof ist die CDU über das Ansinnen des Senats, den AnwohnerInnen in Hoheluft einen Fixerraum zuzumuten. Statt Dezentralisierung der Drogenszene plädiert die CDU für weitere Angebote in den bisherigen Szene-Zentren. „Sie wollen hier einen Gesundheitsraum schaffen, für den es keinen Bedarf gibt“, schimpfte Wolfgang Beuß (CDU). Man habe den BürgerInnen außerdem zugesagt, mehr als eine Beratungsstelle würde es dort nicht geben. Es ginge also um Wählerbetrug, „und dafür schäme ich mich“. Silke Mertins