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Politik nach Regeln, die die Kids bestimmen

■ Beratung, Graffiti, Musik und Faxgeräte beim „letzten Jugendschlachtfest vor der Wahl“

Toleranz ist alles, was „Kurt“ braucht. Kurt steht für „das letzte Jugendschlachtfest vor der Wahl“: eine Mischung aus Jugendkongreß und Musikfestival, die von heute bis Sonntag im Schlachthof läuft.

„Jenseits der Werbung sind Jugendliche kaum präsent,“ sagt die Geschäftsführerin des Bremer Jugendrings, Marina Stahmann. „Sie werden nur verzerrt wahrgenommen.“ Der Jugendring und die Gesamtschülervertretung unterstützen die Veranstaltung – um den Kids die Chance zu geben, eigene Standpunkte zu erarbeiten.

Von den Zahlen her beeindruckt das Programm: Über 30 Bands, Kabarettgruppen und DJs spielen an vier Abenden zum Nulltarif auf der Diskussions- und Workshoptage; mit dabei eine togoische Tanzgruppe, krachige Punk-Kombos sowie Hip Hop und Lokal-Bands. Grundsätzlich gilt: „Hier können alle, die etwas machen wollen, etwas tun. Ein Ergebnis oder Resolutionen soll es am Ende nicht geben, außer: Toleranz lohnt sich.“

Einziger Zusammenhang zwischen Fotoworkshop, Grafitti-Contest, Rechts-, Ausbildungs- und Schuldnerberatung und Internetseitengestaltung mit der Antirassismus-Werkstatt Bremerhaven ist, daß Jugendliche die Aktivitäten angeleiert haben. Die rund 40 Kids der Festval AG, einem Überbleibsel der Planungsgruppe des Skate-Festivals am Schlachthof zum 50. Geburtstags der Jugendrings, haben das Programm gezimmert. Draußen bleiben nur die Parteien. Zwar wollten viele Polit-Profis, aber auch unorthodoxe Gruppierungen wie die APPD und Chance 2000, Infostände anmelden. „Aber darauf hatten die Jugendlichen keinen Bock,“ sagt Stahmann. Um Politik soll es dennoch gehen – aber nach den Regeln der Jugendlichen. So müssen die Vertreter der Polizei-Soko Graffiti bei der Diskussion „Jugend und Polizei“ heute abend zuerst zuhören. Jugendliche seien es leid, bei Diskussionen durch Rhetoriktricks von Profis untergebuttert werden, heißt es aus der Festival AG.

Man wolle auch nicht mit schnell vergessenen Zusagen abgefüttert zu werden. Statt dessen wollen die Kids alles schwarz auf weiß haben. Eine Folge: die Fax-Nacht. Silke Strizel (CDU), Barbara Huls (SPD), Maria Spieker (Grüne) und Karla Hense-Brösig (AFB) werden am Freitag auf gefaxte Fragen per Fax beantworten. Ob daraus Munition für jugendorientierte Lobbyarbeit wird, muß sich im Herbst zeigen. L.R.

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