Manne schwante seine Demission

■ Hertha-Präsident Manfred Zemaitat scheiterte im Machtkampf mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Robert Schwan. Nach seinem Rücktritt ist der Bundesligist nun fest in den Händen des Sponsors Ufa

Sport ist bei Hertha BSC vor dem morgen anstehenden Heimspiel gegen Frankfurt zur schönsten Nebensache der Welt geworden. Präsident Manfred Zemaitat (48) hat nach fast vierjähriger Amtszeit überraschend die Brocken hingeworfen. Entnervt und enttäuscht zog der Rechtsanwalt die Konsequenz aus dem seit Monaten schwelenden Machtkampf mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Robert Schwan (76).

Schwan, der das Olympiastadion nur von sporadischen Blitzbesuchen kennt, weil er lieber in den Alpen kraxelt, hatte seinen Widerpart zuletzt fernmündlich zum Grüß-Gott-August degradiert. „Wir brauchen keinen Präsidenten, der sich morgens bei mir erkundigt, wie das Wetter in Kitzbühel ist!“ donnerte der Berggeist. Auch die meisten Hauptstadt- Medien scharten sich im Geiste um den allseits absenten „Alpen- Ajatollah“, der wegen seiner Brachialverbalistik immer gut ist für eine deftige Schlagzeile. Eher jedenfalls als der blasse Zemaitat, der bereits im Mai nur knapp einem Mißtrauensvotum der Mitgliederversammlung entging.

Nun hatte Schwan seine Aufsichtsratskollegen darauf eingeschworen, „Manne“ am Tag der Einheit zu kippen. Zemaitat, 1994 noch als Herthas Retter gefeiert, weil er Marketingpartner Ufa an Bord des finanziell leckgeschlagenen Vereinsschiffes holte, suchte seinem Schicksal zu entrinnen, indem er für den 1. Oktober eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen wollte, um seinerseits Schwan loszuwerden.

Das Ergebnis ist bekannt. Zemaitats Putschversuch scheiterte, weil er erkennen mußte, daß seine Hausmacht nicht größer war als ein Bogen Geschäftspapier. Sogar Vizepräsident und Duzfreund Jörg Thomas ließ ihn im Stich.

Doch der eigentliche Verlierer könnte Hertha BSC heißen. Denn mit Zemaitat ging der letzte „echte“ Herthaner von Bord. Wer übrigbleibt, allen voran der von Ufa-Chef Rolf Schmidt-Holtz im Dezember 1997 persönlich inthronisierte Schwan, steht im Dunstkreis oder auf der Gehaltsliste der nun allmächtigen Bertelsmann- Tochter Ufa. Schon unkt die Bundesliga-Konkurrenz, wie beispielsweise Bremens Manager Willi Lemke, die Berliner hätten sich auf Gedeih und Verderb dem Medienkonzern aus Gütersloh ausgeliefert.

Anfangs waren alle Beteiligten noch zufrieden. Mit rund 25 Millionen Mark soll die Ufa die damals klamme Hertha seit 1994 aufgepäppelt haben. Nach Jahren des Zubutterns will der Mediengigant endlich Profit sehen. Doch der widerborstige Zemaitat stemmte sich der kapitalistischen Verwertungslogik der Ufa entgegen. „Unsere Strukturen sind anders als die anderer Vereine“, erklärte „Manne“ stets, wenn er als Präsident mal auf den Tisch hauen sollte.

Doch das wirkliche Sagen hatten längst die Ufa-Macher um Schwan oder Manager Dieter Hoeneß, die Zemaitat zunehmend piesackten. Mal weigerte sich der Präsident, Ufa-Gelder zur Mannschaftsverstärkung als bloße Kredite anzuerkennen, und drohte damit, die notorisch unberechenbaren Hertha-Mitglieder darüber abstimmen zu lassen; auch die Abfindung des von Schwan im Mai satzungswidrig geschaßten kaufmännischen Leiters Norbert Müller (die Rede ist von einer halben Million Mark) wollte Zemaitat nicht auf die Klubkappe nehmen.

Das Spiel ist aus, Zemaitat geht aus „persönlichen Gründen“. Seine Nachfolge ist unklar. Eine für gestern anberaumte Pressekonferenz verschob Hertha kurzfristig auf heute. Hartnäckig halten sich jedoch Gerüchte, der Großindustrielle Hartwig Piepenbrock stehe ante portas. Doch der Unternehmer wollte eigentlich nicht mehr „in die Bütt gehen“, nachdem er vor Jahren als Chef des VfL Osnabrück abgedankt hatte. Als weiterer Kandidat bringt sich Wirtschaftsminister Günter Rexrodt immer wieder selbst ins Gespräch. Jürgen Schulz