Das Portrait
: Kultschatten für R&B-Kenner

■ Johnny Adams

Die Veröffentlichung seines neuen Albums hat Johnny Adams nicht mehr erleben dürfen. Die Samtstimme des Rhythm and Blues aus New Orleans starb 67jährig am vergangenen Montag in Baton Rouge, Los Angeles, nach schwerer Krankheit an Prostatakrebs. Seit Herbst letzten Jahres konnte er nur noch eingeschränkt auftreten, Spenden von Fans und Freunden sowie ein paar Benefizkonzerte halfen ihm und seiner Familie finanziell über die Runden.

Wie so viele seiner Zeitgenossen hatte Adams seine Karriere als Gospelsänger begonnen – in seiner Heimatstadt New Orleans, zuerst in einer Gruppe namens The Soul Revivers. Später sattelte er dann erst auf R&B um. Gegen Ende der fünfziger Jahre spielte er seine ersten kleinen, lokalen Erfolge ein, unterstützt von dem damals erst achtzehnjährigen Mac Rebennack, später besser bekannt als Dr. John.

Mit seinem Falsettgesang gelang Adams damals der erste Achtungserfolg „I Wont Cry“, und 1962 erzielte der Blues-Crooner seinen einzigen nationalen Hit: „A Losing Battle“ erreichte Platz 27 der US-amerikanischen R&B-Charts. Bis in die frühen Achtziger hinein verblieb er mit seinen großenteils auf Kleinlabels erschienenen, annähernd hundert Songs aber eher ein Kultschatten für R&B- Kenner – die breite Anerkennung blieb ihm lange verwehrt.

1985 schließlich gelangte Adams aber über den amerikanischen Indie-Verlag Rounder in eine größere Öffentlichkeit und kam durch den Berliner Plattenverlag Zensor auch auf die deutschen Bühnen. Adams machte danach mit einigen großartigen Alben von sich reden, interpretierte Songs von Doc Pomus, blickte sich auch im Jazz um und kehrte immer wieder zu seinen eigentlichen Roots zurück, wie sein 1996er Werk „One Foot In The Blues“ eindrucksvoll belegt.

Sein letztes Album wurde mit alten Weggefährten wie Aaron Neville und Walter Wolfman Washington eingespielt. „Man Of My Word“, so der Titel, deutet im Textheft bereits die Krankheit an, die Adams dazu zwang, nicht in Memphis aufzunehmen, sondern in einem Studio in New Orleans. Das Album, das hierzulande nun posthum Ende Oktober erscheinen wird, läßt es in keinster Weise erahnen, daß „The Tan Canary“ – so einer von Johnny Adams vielen Spitznamen – bereits schwer erkrankt war. Uli Lemke