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Ein Spielerparadies mitten in der Wüste

In Jericho im Westjordanland hat gestern eines der modernsten Casinos der Welt aufgemacht. Doch Palästinenser sind als Kunden unerwünscht. Wichtigste Zielgruppe der Betreiber sind reiche Israelis und Touristen  ■ Von Georg Baltissen

Jerusalem (taz) – Die Kugel rollt jetzt auch für den gemeinen Israeli. Und zwar unter Kontrolle der palästinensischen Autonomiebehörde, im Casino Oasis in Jericho. Rechtzeitig vor dem jüdischen Neujahrsfest wurde gestern abend das Spielerparadies eröffnet. Bereits am Dienstag durfte eine geschlossene VIP-Gesellschaft an eigens für sie reservierten blauen Spieltischen ihr Glück versuchen. Einfache Sterbliche spielen an grünen Tischen.

Von sechs Uhr abends bis sechs Uhr morgens hat das Casino seine Pforten für die Allgemeinheit geöffnet. Mit fünf US-Dollar Mindesteinsatz beim Black Jack und zwei Dollar beim Roulette ist man dabei. 225 Maschinen und 35 Spieltische erwarten die Besucher. Auf 2.800 Quadratmeter können sich bis zu 1.500 Spieler tummeln. Die Croupiers sind Profis wie Sheryl Golding aus Adelaide. Die blonde Dame dürfte nicht wenige der Zocker an ihren Tisch ziehen. Die palästinensischen Nachwuchskräfte für diesen Job werden erst noch ausgebildet. 90 Palästinenser üben sich derzeit im Kartengeben und Jeton-Einsammeln.

Spielen aber dürfen Palästinenser im Casino Oasis nicht. Es sei denn, sie verfügen über einen ausländischen Paß. Dieses Zugeständnis sagt Oasis-Direktor Alexander Tucek, habe man mit Rücksicht auf „lokale Empfindlichkeiten“ machen müssen. Sowohl der Islam als auch die jüdische Religion verbieten Glücksspiele. Dennoch gelten die Israelis als die „heißesten Spieler“.

Zur Eröffnung erklärte Tucek denn auch, das Oasis werde in Kürze einen Shuttle-Service von Tel Aviv und Jerusalem nach Jericho einrichten. Touristen sind eine weitere Zielgruppe. Die jordanische Hauptstadt Amman ist nur eine halbe Stunde Autofahrt entfernt. Das Tote Meer liegt in Blickweite des Casinos. Noch gleicht das zukünftige Paradies aber eher einer Baustelle. Selbst die angepflanzten Palmen lassen üppiges Grün noch vermissen.

Das erste größere internationale Investment-Projekt in den palästinensischen Gebieten soll einmal alles in allem 5.000 Arbeitsplätze bieten. Neben dem Spielcasino umfaßt das Oasis-Projekt zwei Hotels mit 800 Zimmern, einen Golfplatz, Swimmingpools, Sportanlagen und andere Vergnügungsstätten. Insgesamt 150 Millionen US-Dollar kostet das Projekt. Ein Drittel investierte Casino Österreich, der Rest kam von nicht genannten europäischen und palästinensischen Investoren.

Casino Österreich betreibt fast 60 Spielplätze in aller Welt und konnte im vergangenen Jahr auch die finanzarme palästinensische Autonomiebehörde vom Sinn eines solchen Projektes überzeugen. Zwei Millionen Dollar Steuern soll die palästinensische Finanzbehörde in den ersten beiden Jahren an dem Projekt verdienen. Wenn sich die Investitionen für die Anleger bis dahin ausgezahlt haben, sollen die Steuern auf 30 Prozent des Umsatzes steigen. Nach Ansicht aller Investoren könnte das Oasis- Projekt ein Beispiel werden für erfolgreiche Investitionen in den palästinensischen Autonomiegebieten. Mit dieser Aussicht kann man auch schon mal die Opposition islamischer Kräfte in Kauf nehmen. Der örtliche Prediger warnte bereits in der Moschee von Jericho vor den verderblichen Folgen des Glücksspiels und erklärte: „Wir werden alles tun, um das Projekt zu stoppen!“

Jerichos Bürgermeister Abdel Karim Sidder war da vorsichtiger. Es sei das erste Mal, daß ein solches Casino hier eröffnet werde. „Niemand kann die negativen Folgen abschätzen“, sagte er. Doch wenn es eine Menge Probleme gebe, ließe sich das Casino in ein oder zwei Jahren ja wieder schließen. Doch die Aussicht auf Arbeitsplätze und Einkommen dürfte ihn eines Besseren belehren. Und seine Mitbewohner, die sich bislang beim Karten- oder Dominospiel in verschlafenen Cafés erfreuten, wohl auch. Bislang haben bereits 400 Palästinenser durch den Bau von Oasis Arbeit und Brot gefunden. Für die Einwohner der nahegelegenen Flüchtlingslager von Sultan und Akbat Dschaber ist das eine willkommene Einnahmequelle.

Der Oasis-Komplex liegt etwas außerhalb der ältesten Stadt der Welt, an einer Abzweigung der Hauptstraße, die Jerusalem mit dem Toten Meer verbindet. Israelis brauchen nicht durch dichtbevölkerte palästinensische Gebiete zu fahren. Lediglich ein paar Beduinencamps säumen den Weg nach Jericho. Bislang wichen die zahlreichen israelischen Glücksspieler auf Schiffe aus, die im Roten Meer vor Eilat dümpelten, um ihrem Hobby zu frönen. Oder sie fuhren in den Sinai – und bis zum dortigen Verbot der Glücksspiele auch in die Türkei. Noch ist es den religiösen Parteien gelungen, die Zulassung von Glücksspielen in Israel trotz der lukrativen Steuereinnahmen zu verhindern. Der palästinensischen Finanzbehörde kann das nur recht sein.

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