Prenzlauer Berg: Jugend trainiert Bezirksamt

■ Kurz vor der Wahl bewilligen alle Fraktionen in der BVV Prenzlauer Berg einstimmig die Gelder für bedrohte Jugendprojekte. Die Zustimmung des Senats steht aber noch aus

Die von der Schließung bedrohten Jugendeinrichtungen in Prenzlauer Berg können vorläufig aufatmen. Auf der Bezirksverordnetenversammlung am Mittwoch abend haben sich alle Parteien fraktionsübergreifend für den Erhalt der freien Träger ausgesprochen. Bisher waren im Haushaltsplan Kürzungen der Jugendhilfe von 5,9 Millionen Mark im Jahr 1998 auf 2,2 Millionen Mark für das Jahr 1999 vorgesehen.

Von den Kürzungen wären zwei Drittel der geförderten Projekte betroffen gewesen. 10 Tage vor der Bundestagswahl haben die Bezirksverordneten nun die geforderte Mindestsumme bewilligt. Allerdings nicht nur für die Jugendprojekte. Auch den Bereichen „Soziales und Gesundheit“ sowie „Baulicher Unterhalt“ wurden 1,6 Millionen Mark beziehungsweise von 4,4 Millionen Mark zusätzlich zugestanden – sehr zum Ärger der PDS. „Mit der Höhe der Mehrforderungen sinkt die Chance, diesen Haushalt durch den Senat zu kriegen“, sagt Klaus Lederer, jugendpolitischer Sprecher der PDS. Lederer spricht daher von einem Beschluß, der zwar alle angemeldeten Bedürfnisse befriedige, jedoch nur virtuelle Versprechungen mache. Doch SPD und CDU wollten auf eine Unterstützung der Gelder für Schulen und öffentliche Gebäude nicht verzichten. „Dem weiteren Verfall unserer Schulen muß entgegengesteuert werden“, so der Fraktionsvorsitzende der CDU, Dieter Stenger.

Dabei kann der Bezirk die zusätzlichen 9,9 Millionen Mark nicht vom Senat erhoffen, sondern muß sie selbst erwirtschaften – durch Mehreinnahmen und Minderausgaben. Der Senat entscheidet dann nur noch, ob er den Haushaltsentwurf für ausgeglichen hält oder nicht. Fällt der Haushaltsentwurf bei der entscheidenden Sitzung des Abgeordnetenhauses am 4. November durch, beginnt das langwierige Procedere von neuem. Die Folgen für den Bezirk: Schlimmstenfalls müßten die Freien Träger monatelang auf das Geld warten. Viele gingen leer aus.

Trotzdem gibt sich Mike Weimann von der Vereinigung Freier Träger optimistisch. Unter dem Namen Jugend und Prenzlauer Berg – jup99! hatten sich Jugendliche und Mitarbeiter verschiedener Einrichtungen in Prenzlauer Berg zusammengeschlossen, um vereint gegen die angedrohten Kürzungen vorzugehen. Höhepunkt des Widerstands war die Besetzung des Büros des Bürgermeisters am 3. September durch 60 Jugendliche und Mitglieder von jup99!. Mike Weimann, Leiter des Kinderrechtsprojekts im „Netzwerk Spielkultur“, führt den Sinneswandel der Politiker unter anderem auf diese Aktionen zurück. „Wir sind unheimlich froh darüber, daß alle Parteien nun dazu stehen, die freien Träger zu erhalten.“ Doch gleichzeitig warnt Weimann vor dem vorläufigen Charakter des Haushaltsbeschlusses: „Da schwebt immer noch diese Angst über uns.“

Unabhängig vom Ergebnis dieser Zitterpartie weist Weimann darauf hin, daß sich das Volumen aller gestellten Anträge ursprünglich auf 11 Millionen Mark belief. In wochenlanger Überprüfung dieser Anträge war ein Betrag von 8 Millionen Mark übriggeblieben. „Die bewilligten 5,9 Millionen Mark sind also nur die Minimalvariante, um die Existenz der bestehenden Initiativen zu sichern.“ Andreas Leipelt