Illegaler Stollen löste Unglück im Bergwerk Lassing aus

■ Österreichs Wirtschaftsminister leitet Disziplinarverfahren gegen zuständige Behörde ein

Wien (dpa) – Der österreichische Wirtschaftsminister Hannes Farnleitner hat gestern im österreichischen Parlament seinen Vorwurf bekräftigt, daß illegaler Abbau das Unglück im Bergwerk von Lassing mutmaßlich verursacht hat. Von März 1997 bis Juni 1998, also bis knapp einen Monat vor dem Unglück vom 17. Juli, sei aus einem nicht genehmigten Stollen Talk abgebaut worden, sagte Farnleitner in der vom österreichischen Fernsehen direkt übertragenen Parlamentssitzung.

Bei dem Unglück waren elf Bergleute verschüttet worden. Nur einer von ihnen, der 24jährige Georg Hainzl, war nach neun Tagen gerettet worden. Zehn Bergleute, die Hainzl helfen wollten, waren in dem Bergwerk von riesigen Wasser- und Schlammmassen begraben worden. Die Suche nach ihnen war Mitte August eingestellt worden.

Die Existenz des illegalen Stollens sei am Dienstag aufgeflogen, teilte die zuständige Berghauptmannschaft Leoben unterdessen mit. Werksleiter Hermann Schmidt habe eine Grubenkarte vorgelegt, in der erstmals der Stollen eingezeichnet war. Dieser habe sich in etwa 60 Meter Tiefe knapp über jenem Jausenraum befunden, in dem Georg Hainzl eingeschlossen worden war.

Farnleitner sagte, er habe Disziplinarverfahren gegen die zuständige Behörde eingeleitet. Es müsse geklärt werden, ob diese von dem illegalen Abbau schon vor dem Unglück gewußt habe. Farnleitner betonte jedoch zugleich, daß die Rettungsarbeiten in Lassing nicht erleichtert worden wären, wenn man sofort von der Existenz des illegalen Stollens gewußt hätte.

In der kommenden Woche werde ein Plan vorgelegt werden, wie die zehn toten Bergleute geborgen werden können. Seinen von der Opposition geforderten Rücktritt schloß Farnleitner erneut aus. Der österreichische Bundeskanzler Viktor Klima hatte zuvor versprochen, die Öffentlichkeit werde „die ganze Wahrheit“ über das Unglück von Lassing erfahren.