Kohl will leichteres Lauschen

■ Bundeskanzker Helmut Kohl will nach gewonnener Wahl das Gesetz zum Großen Lauschangriff verschärfen. Kritik der FDP, Zustimmung vom Chef der Gewerkschaft der Polizei

Berlin (taz) – Bundeskanzler Helmut Kohl will im Falle seines Wahlsieges beim Großen Lauschangriff nachlegen. In der gestrigen Ausgabe der Sächsischen Zeitung wird der CDU-Vorsitzende mit den Worten zitiert, die Koalition wolle das Gesetz über den Großen Lauschangriff überarbeiten. Es sollten „die Hürden“ beseitigt werden, „die SPD, Grüne und PDS gegen das Abhören von Gangsterwohnungen errichtet haben“.

Erst am 5. März war im Bundestag ein zuvor vom Bundesrat erzwungener Kompromißvorschlag mit den Stimmen der SPD, von neun FDP-Abgeordneten, der PDS und den Grünen verabschiedet worden. Darin wurden rund 20 Berufsgruppen – unter anderem Ärzte, Pfarrer, Anwälte, Strafverteidiger, Apotheker und Journalisten – von der akustischen Überwachung ausgenommen. Der Bundestag hatte zuvor den Artikel 13 des Grundgesetzes (Unverletzlichkeit der Wohnung) eingeschränkt.

FDP-Chef Wolfgang Gerhardt wandte sich gestern gegen Kohls Vorschlag. „Jetzt lassen wir erst einmal die bestehende gesetzliche Lage und sehen uns an, welche Erfolge bei der polizeilichen Fahndung herauskommen und wie die organisierte Kriminalität besser bekämpft werden kann“, sagte er. Seine Kritik schränkte er gegenüber berlin aktuell 93,6 allerdings mit dem Satz ein, zu gegebener Zeit könne man über den Großen Lauschangriff noch einmal sprechen. Begrüßt wurde hingegen Kohls Ankündigung vom neuen Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, Norbert Spinrath. Das SPD-Mitglied plädiert nicht nur für eine Einschränkung bei den Berufsausnahmen, sondern auch für eine Videoüberwachung von Privaträumen.

Gegen Kohls versprochene Gesetzesänderung würde nach Angaben des rechtspolitischen Sprechers der Bündnisgrünen im Bundestag, Volker Beck, der Bundesrat wohl seinen Einspruch einlegen. Der Einspruch könnte dann wiederum – vorausgesetzt, die jetzige Koalition hielte ihren Stimmenanteil – im Bundestag mit einfacher Mehrheit ausgehebelt werden. Dazu werde es aber nicht kommen, zeigte sich Beck zuversichtlich: Im neuen Bundestag werde es „auch eine neue Mehrheit geben“. Severin Weiland

Kommentar Seite 12