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■ MexikoAus für die Hofberichterstattung?

Mexikos staatliche Tageszeitung El Nacional steht vor dem Aus. Der Grund: akute Finanzprobleme. Nach Ansicht der Regierung ist das Traditionsblatt, das seit deren Machtübernahme 1929 Propaganda für die regierende Partei der Institutionellen Revolution gemacht hat, nicht länger finanzierbar. Kaum jemand will das Blatt noch lesen. Die Parteispitze unterstützt nun die ca. 350 Mitarbeiter, die um den Erhalt des Blattes kämpfen.

Die Opposition hingegen nennt es eine Zumutung, daß der Staat nach wie vor eigene Massenmedien besitzt und durch die Steuerzahler finanzieren läßt – neben El Nacional unterhält der Staat weiterhin die Nachrichtenagentur Notimex. Das Blatt betreibe seit Jahrzehnten nur noch Hofberichterstattung, sagt der Schriftsteller Carlos Monsivais. Vor allem während der frühen 90er Jahre habe El Nacional radikal gegen die Opposition Front gemacht, berichtet Humberto Musacchio von der Tageszeitung Reforma. Das Blatt sei gezielt dafür benutzt worden, Regierungsgegner zu verfolgen und zu diffamieren. Auch das Finanzgebaren von El Nacional ist umstritten: Wegen ihrer Regierungsnähe soll die Zeitung in den Genuß von Steuererleichterungen, Vorzugstarifen und Schuldenerlassen gekommen sein.

Die Opposition hofft nun, daß eine Schließung von El Nacional die Demokratisierung der Medien voranbringt. Beobachtern zufolge wären dazu aber tiefgreifendere Veränderungen nötig: Obwohl Journalisten heute nicht mehr mit der Schere im Kopf arbeiten müssen, werden sie noch oft genug von den Behörden gezwungen, ihre Quellen offenzulegen. Einflußreiche Kreise setzen Medien, die gegen ihre Interessen handeln, zunehmend unter Druck, berichtete jüngst die Organisation Reporter ohne Grenzen. Hinzu kommen erhebliche Risiken für Leib und Leben. Nach einer Studie der Iberoamerikanischen Universität wird durchschnittlich alle 48 Stunden ein Journalist tätlich angegriffen und alle drei Monate einer ermordet. Mexiko ist damit nach Kolumbien das für Presseberichterstatter gefährlichste Land Lateinamerikas.Diego Cevallos, IPS

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