Ein vollwertiges Haus

■ Wärmedämmung mit Holzspänen und Molke bei der Firma Baufritz. 160 Mitarbeiter machen einen Umsatz von 35 Millionen Mark. Ökologisches Wirtschaften ist Teil der Firmenstrategie

Die Strategie des Unternehmens steckt in einem Satz: „Holz ist die größte High-Tech-Erfindung der Natur.“ Firmenchef Hubert Fritz sagt diesen Satz gern, denn kein anderer Werkstoff ist so vielfältig einsetzbar. Hubert Fritz baut Häuser: außen Holz, innen Holz und die Dämmung natürlich auch aus Holz. „Voll-Wert-Haus“ heiß das bei der Firma Baufritz aus Erkheim im Allgäu. Die Firma zählt heute in Sachen Holzbau zu den ambitioniertesten Unternehmen in Deutschland. 1896 wurde Baufritz als Hersteller von landwirtschaftlichen Gebäuden, Dachstühlen und Fachwerkhäusern gegründet. 1927 verließen die ersten Holzfertigteile die Firma, 1932 entstand das erste Holzhaus.

Die spektakulärste Neuentwicklung, die im Jahr 1989 ein Patent erhielt, war die Wanddämmung mit Holzspänen. Seither werden die Späne verschiedener Weichholzarten, die überwiegend im eigenen Werk anfallen, in den Hauswänden als Dämm-Material genutzt. Eine Schicht von 190 Millimeter Dicke gibt der gesamten Wand einen guten Dämmwert (K-Wert: 0,24). Zusammen mit der Fachhochschule Rosenheim wurde ein umweltgerechtes Verfahren zur Behandlung der Holzspäne entwickelt: Mit überschüssiger Molke, die bei der Butterherstellung anfällt, werden die Späne imprägniert und damit ausreichend gegen Feuer resistent gemacht. Darüber hinaus wird noch etwas Soda zugesetzt, um auch Pilzbefall auszuschließen.

Stolz läßt die Firma wissen, ihre Häuser seien „voll recycelbar“. Marketingleiter Dietmar Spitz nennt sie auch gerne „kompostierbar“: „Ein konventionelles Haus abzureißen wird sich in einigen Jahrzehnten niemand mehr leisten können.“ Denn in den meisten Häusern steckt viel Sondermüll, und dessen Entsorgung wird in Zukunft immer teurer.

So möchte die Firma Baufritz jeden Baustoff naturnah erhalten und so ökologisch wie möglich produzieren. Zum Beispiel wird auch die Innenwandgestaltung den Anforderungen ökologisch denkender Menschen gerecht, indem statt Rigips ausschließlich Platten aus Naturgips verwendet werden.

Eine Kritik muß die Firma sich aber immer wieder gefallen lassen: Das Holz für den Außenbereich kommt nicht aus der Region, sondern überwiegend aus Finnland. „Das ist härter, weil es langsamer wächst“, erklärt Firmensprecher Spitz. Aber immerhin stamme das Importholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft, versichert er.

Für Firmenchef Hubert Fritz, der sich in Interviews immer wieder für eine ökologische Steuerreform stark macht, ist ökologisches Wirtschaften Teil der Firmenstrategie. Auf dem Firmengelände bei Memmingen nehmen zwei Gartenteiche das Regenwasser von den Dächern auf, die Versiegelung des Grundstücks wurde so weit wie möglich vermieden. Ausschließlich heimische Gehölze wurden auf dem Firmengelände des 1995 zum Öko-Manager ernannten Hubert Fritz gepflanzt. Und zusammen mit dem Bund Naturschutz gibt es Planungen für ein Windkraftwerk.

Auch über den Energieverbrauch bei der Herstellung der Häuser macht sich Baufritz Gedanken. Da die Hobelspäne in holzverarbeitenden Betrieben zwangsläufig anfallen, läßt der Dämmstoff sich sehr energiesparend produzieren. Man benötige nur ein Zwanzigstel der Energie, die für die Produktion von Styropor notwendig sei. Zugleich gebe es auch keinen anderen Dämmstoff, der sich so preiswert herstellen lasse wie die Holzspäne.

Lange hatten sich die Vorurteile gehalten, Holzhäuser würden leicht brennen, seien schlecht schallgedämmt und nicht so lange haltbar. Doch heute weiß man, daß nicht die Wände für das Brandrisiko entscheidend sind, sondern die Art der Inneneinrichtung. Und das Thema Haltbarkeit stand ohnehin nie ernsthaft zur Diskussion – auch Fachwerkhäuser werden schließlich viele hundert Jahre alt. 1.500 Häuser hat das Unternehmen Baufritz nach eigenen Angaben bereits gebaut, die meisten davon stehen in Süddeutschland. Es sind Ein- und Zweifamilienhäuser, Schulen, Kindergärten und Gewerbebauten. Mehr als 100 Bauten kommen jährlich hinzu. Die 160 Mitarbeiter erwirtschaften einen Firmenumsatz von 35 Millionen Mark im Jahr.

Im Vergleich zu den meisten Energiesparhäusern, die durch ein ausgefallenes Design hervorstechen, wirken die Baufritz-Häuser konventionell, sie sind klassisch im Blockhausstil gehalten. Entsprechend konservativ ist daher auch ein Großteil der Käufer: „Nur wenige unserer Kunden wollen eine Solaranlage auf dem Dach haben“, muß Marketingleiter Spitz zugeben. Selbst eine Werbeaktion dafür brachte nur mäßigen Erfolg. So sind die Häuser mit einem jährlichen Heizenergiebedarf von vier bis sieben Liter Öl pro Quadratmeter Wohnfläche zwar relativ sparsam, doch zugleich noch weit von dem entfernt, was heute möglich ist. „Wir müssen den Markt bedienen“, sagt Spitz – und der ist für konsequentes Energiesparen offensichtlich noch nicht zu haben. Richtige Energiesparhäuser seien nach wie vor „ein Nischenprodukt“. Aber mit der Ökosteuer dürfte sich auch das ändern. Bernward Janzing