Juristen schaut auf diese Stadt!

■ Datenschutz im Internet, Entschädigung von Katastrophenopfern und der Übergang in die Rente: 2.000 Rechtskundige beim Juristentag

Daß die Rechtsgelehrten nicht nur im Sonderermittler-geschädigten Amerika die Zügel in der Hand haben, wissen wir. Auch in Deutschland ist die Zunft einflußreich wie kaum eine andere. Und wenn sich Juristen bei ihrer offiziellen Jahresversammlung über Sichtweisen und Einschätzungen streiten, ist Obacht geboten– bald finden wir diese in Gesetzen oder Gerichtsurteilen wieder.

Kein Wunder also, wenn die deutsche Öffentlichkeit ab morgen nach Bremen blickt, wo sich von heute an bis zum Freitag fast 2.000 Teilnehmer zum 62. Deutschen Juristentag in der Stadthalle versammeln. Daß Prominenz wie Bundespräsident Roman Herzog, Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig, sein österreichischer Amtskollege Nikolaus Michalek und Gil Carlos Rodrigues Iglesias, Präsident des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften angesagt haben, überrascht nicht.

In vier Abteilungen werden die Rechtskundigen versuchen, in der Juristerei neue Standards zu setzen. Im Zivilrecht wird behandelt, ob das geltende Haftpflichtrecht ausreicht, um bei Massenschäden wie etwa dem ICE-Unglück von Eschede den Geschädigten zu ihrem Recht zu verhelfen.

Die Arbeitsrechtler dabattieren, wie der Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand rechtlich gestaltet werden soll. Manche sagen, daß generelle Altersgrenzen für den Eintritt in die Rente dem Grundrecht auf freie Berufsausübung wiedersprechen könnte. Im Strafrecht steht ein besserer Schutz für Zeugen im Strafprozeßrecht im Mittelpunkt des Interesses, seit dieses Thema im Zusammenhang mit den Aussagen mißbrauchter Kinder oder vergewaltigter Frauen erstmals auf die Agenda kam. Die Abteilung öffentliches Recht widmet sich in Bremen dem Schutz personenbezogener Daten in den modernen Computertechnologien und dem Verhältnis von Datenschutz und Pressefreiheit. Und schließlich befassen sich die Juristen auch mit der eigenen Zunft und überlegen, ob die Juristenausbildung nach Abschluß des Studiums neu zu regeln sei.

Ein aktuelles Forum Verfahrensrecht denkt über die Entlastung der Gerichte nach und dabattiert, ob bei geringen Streitwerten eine außergerichtliche Schlichtung obligatorisch eingeführt werden soll. jof