■ Filmstarts à la carte: Keine Zukunft am Strand
Wer eine „Botschaft“ zu versenden habe, solle dies am besten per Telegramm tun, befand Regisseur Samuel Fuller einst kategorisch. Im Film habe die „message“ jedenfalls nichts verloren. Auch ein weiterer prominenter Vertreter seiner Zunft äußerte sich skeptisch: François Truffaut nannte das Kino der guten Absichten „die schlimmste aller Fallen, die tückischste aller Betrügereien in unserer Industrie“.
Meist unterscheidet sich ein Film gegen die Atomrüstung in seiner Machart tatsächlich nur unwesentlich von einem Nazipropagandafilm: Komplexe Problematiken werden auf simple Gut- Böse-Schemata reduziert, die den Zuschauer dazu verleiten, instinktiv Partei für die vom Autor gewünschte „richtige“ Seite zu ergreifen. Der Triumph der Emotionen über die Argumente bedeutet den Sieg der Demagogie.
Auch „On the Beach – Das letzte Ufer“ bezieht Stellung gegen die atomare Hochrüstung und das sogenannte Gleichgewicht des Schreckens – und doch ist in dem Werk des Regisseurs Stanley Kramer alles ein wenig anders. „Was wäre, wenn...“, fragt sich der Film und vermeidet dabei – seine große Stärke – jegliche Schuldzuweisung: Der Atomkrieg hat bereits stattgefunden, und niemand weiß, wer anfing. Mit Ausnahme des australischen Kontinents ist das Leben auf der Erde erloschen. Doch Kramer zeigt weder Zerstörung noch Tote – nur menschenleere, atomar verseuchte Gebiete und das Alltagsleben einiger Protagonisten an jenem ominösen „letzten Ufer“. Denn scheinbar geht dort alles seinen – relativ – normalen Gang: Man geht segeln und schwimmen, man liebt und lacht – doch die fröhliche Stimmung verkehrt sich immer wieder ins Gegenteil. Steht doch hinter jeder trunkenen Party, hinter jedem ausgelassenen Herumtollen am Strand die Drohung des baldigen Todes durch radioaktive Vergiftung. Konsequent verweigert „On the Beach“ dem Zuschauer jene Hoffnung, die sich die Filmfiguren noch machen: Weder für die Liebe des amerikanischen U-Boot-Kapitäns (Gregory Peck) zum Partygirl (eine Tränen und Trunkenheit nicht scheuende Ava Gardner) noch für die Kleinfamilie eines jungen Marineoffiziers (Anthony Perkins) wird es eine Zukunft geben. Und Fred Astaire stellt in seiner ersten nichtmusikalischen Rolle die letztlich ebenso banale wie allgemeingültige Frage: „Warum nur zerstören die Menschen die Erde?“
Den zeitgenössischen Kritikern galt das Spätwerk des Howard Hawks meist als eher blasse Imitation seiner Meisterwerke aus den dreißiger und vierziger Jahren. Doch obwohl auch „Man's Favorite Sport“ (1964) einige kräftige Anleihen bei „Leoparden küßt man nicht“ kaum verhehlen kann, bleibt die Komödie, die jetzt im Rahmen einer kleinen Hawks-Retrospektive im Notausgang gezeigt wird, ob ihrer Bissigkeit eine der amüsantesten ihrer Zeit. Als vermeintlicher Angelexperte, der in seinem ganzen Leben noch keinen Fisch gefangen hat, wird Rock Hudson bei einem Wettangeln einer unaufhörlichen Serie von Demütigungen ausgesetzt. Dabei gehören ein Zelt, das sich nicht aufbauen läßt, oder die aufblasbaren Anglerhosen, die das Ertrinken des Nichtschwimmers mit Fischphobie eher zu beschleunigen scheinen, noch zu seinen geringeren Problemen.
Aber natürlich geht es eigentlich nicht wirklich ums Fischefangen. Weiß doch schon der Titelsong zu vermelden: „Man's favorite sport is girls.“
Lars Penning
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