Über 50jährige Kiffer sind eine absolute Rarität

■ Das Amsterdamer Cedro-Institut bilanziert die Folgen der holländischen Drogenpolitik: Die Zahl der Konsumenten steigt zwar konstant an, eine Einstiegsdroge ist Cannabis aber nicht

Im Juli 1973 eröffnete in der Amsterdamer Innenstadt der erste Coffeeshop. Das Zeitalter des dekriminalisierten Cannabiskonsums begann. Nur kurze Zeit später wurde es Amsterdamer Jugendzentren gestattet, einen „Hausdealer“ anzustellen, der den Jugendlichen Haschisch und Marihuana verkaufte.

Rechtzeitig zu diesem 25jährigen Jubiläum liegt jetzt auch eine vorläufige Bilanz der Ära liberaler Drogenpolitik vor. Auf 148 Seiten hat der Sozialwissenschaftler Peter Cohen vom Amsterdamer Zentrum für Drogenforschung Cedro untersucht, welche Auswirkungen die Verfügbarkeit von Cannabis auf dessen Konsum hat.

Cohens Fazit lautet: Die Zahl der Niederländer, die Erfahrungen mit Cannabis haben, steigt konstant. Hatten noch 1987 22,8 Prozent der Amsterdamer Joint-Erfahrungen, sind es heute 28,5 Prozent. Doch der Cannabis-Konsum nimmt mit zunehmendem Alter ab. Eine durchschnittliche Kiffer- Karriere ist nach 14 Jahren beendet; über 50jährige Cannabiskonsumenten sind auch in den Niederlanden eine absolute Rarität.

Nicht halten läßt sich nach Cohens Erkenntnissen die vielbemühte These, Cannabis sei eine klassische Einstiegsdroge. Lediglich vier Prozent der Befragten gaben an, irgendwann einmal Heroin konsumiert zu haben, zehn Prozent haben Erfahrungen mit Ecstasy, 20 Prozent mit Kokain. Allerdings fand sich unter denen, die auch härtere, illegale Drogen konsumiert haben, fast keiner, der nicht schon einmal gekifft hatte.

Seit 1987 befragt Cedro alle drei Jahre einen repräsentativen Querschnitt der 700.000 Amsterdamer nach ihrem Verhältnis zu legalen und illegalen Drogen. Cedro ist angegliedert an den Fachbereich Geographie an der Universität von Amsterdam und gilt als eins der umtriebigsten Forschungsinsitute der Niederlande mit sozialwissenschaftlicher Ausrichtung. Cedro- Mitarbeiter haben die Cannabispolitik in Frankreich, den USA und Deutschland analysiert, Preise und Qualität von Heroin und Kokain in Amsterdam und Paris verglichen, Amphetamine auf ihre chemische Zusammenstellung getestet. Außerdem fungiert Cedro als Plattform und Netzwerk für Drogenexperten aus aller Welt.

Auch dem Nichtprofi bietet Cedro jede Menge hilfreicher Informationen. Unter www.frw.uva.nl/cedro/ findet der Hausgebraucher alles, was er schon immer über Drogen wissen wollte – von den Presseartikeln über den jüngsten Besuch des US-Drogenbeauftragten Barry McCaffrey in Amsterdam bis zu Hunderte Seiten starken Studien über Cannabis-, Kokain- oder Amphetaminkonsum in den Niederlanden, den USA oder Deutschland. In der umfangreichen Online Library zu legalen wie illegalen Drogen in aller Welt liegen einige Dokumente auch in deutsch, die meisten zumindest in englisch vor. Außerdem findet man hier Links zu Homepages aus der ganzen Welt, die keine noch so abwegige Frage zu Drogen unbeantwortet lassen – von den Aruba Narcotics Anonymous bis zu US-Forschungszentren. Auch Coffee- und Homegrowshops erreicht man über die Cedro-Page. Jeannette Goddar, Amsterdam

Cedro, Nieuwe Prinsengracht 130, 1018 VZ Amsterdam

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