Italien vor einer neuen Regierungskrise

■ Die Neokommunisten provozieren den Bruch der Mitte-links-Allianz

Rom (taz) – Regierungschef Romano Prodi kann derzeit nur noch den Kopf schütteln. Er könne „den Neokommunisten entgegenkommen, soviel er wolle“, beklagt er, immer stehe am Ende ein „Njet“ von Parteisekretär Fausto Bertinotti. Tatsächlich hat Prodis Haushaltsminister Carlo Azeglio Ciampi der Rifondazione Comunista in Sachen Arbeitsmarkpolitik und Entlastung von Abgaben und Steuern ansehnliche Zugeständnisse gemacht. Sie reichen von der Abschaffung der Selbstbeteiligung an Rezepten bis zur Befreiung von Lohnsteuern und Sozialabgaben für Unternehmen, die im besonders arbeitslosenträchtigen Süden neue Stellen schaffen.

Doch Bertinotti rümpft in der Tat nur immer die Nase – alles sei zuwenig, die von ihm verlangte „Wende“ nicht eingetreten. Allerdings hat er sich am Ende dann doch gehütet, den formellen Bruch der Koalition – die Rifondazione gehört der Regierungsallianz an, ohne aber Kabinettsmitglieder zu stellen – zu verkünden. Erst nach einem Parteitag Anfang Oktober soll dann endgültig entschieden werden, ob die Regierung sich eine andere Mehrheit suchen oder Neuwahlen anstreben muß.

Die meisten Politkommentatoren vermuten, daß Bertinotti in jedem Fall den Austritt aus der Koalition anstrebt. Dafür aber kann es nur einen Grund geben: Bertinotti steht unter schwerem Druck. Da dieser nicht aus der eigenen Partei ausgeübt wird, muß er von außen kommen. Und da erinnern die Analytiker immer wieder mal daran, daß Bertinotti möglicherweise eine schlimme Leiche im Keller hat: Noch immer nämlich ist nicht geklärt, woher die umgerechnet etwa zehn Millionen Mark gekommen sind, mit denen der Parteisekretär 1996 sein bis dahin als Wochenschrift dahindümpelndes Parteiorgan Liberazione zur Tageszeitung ausgebaut hat. Vieles spricht dafür, daß die Finanzen damals vom heutigen Oppositionsführer Silvio Berlusconi gekommen sind und daß dessen Organe nur darauf warten, diese Fakten zu enthüllen – wenn Bertinotti weiter in der Koalition bleiben sollte. Werner Raith