Christdemokraten blieben unter acht Prozent

■ Bürgerinitiative Voll-Demokratie lud inländische AusländerInnen zur symbolischen Wahl

Mit geradezu deutscher Disziplin und Ordnung ging es in Berlins einzigem Wahllokal für Nichtdeutsche zu. Die „Bürgerinitiative Voll-Demokratie“ und die Charlottenburger Ausländerbeauftragte Azize Tank hatten am Samstag NichtbesitzerInnen deutscher Pässe nun schon zum dritten Mal bei einer Bundestagswahl eingeladen, symbolisch ihre Stimme abzugeben. Wer im Mädchenprojekt „Lisa“ in der Charlottenburger Christstraße wählen wollte, bekam den echten Charlottenburger Stimmzettel in die Hand gedrückt und wurde in eine Wahlkabine geschickt. Prominente WahlhelferInnen – unter anderem Petra Pau (PDS), Siegrun Klemmer (SPD), Franziska Eichstädt-Bohlig (Bündnisgrüne) – sorgten dafür, daß kein Stäubchen, geschweige denn ein unrechtmäßig bekritzelter Stimmzettel in die Urne fiel. Auch das Wahlergebnis mit seinem deutlichen Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimmen ließ darauf schließen, daß die Wählenden ihre Aufgabe mit deutscher Gründlichkeit angegangen waren und zum Teil taktisches Stimmensplitting betrieben hatten.

Hochrechnungen waren nicht nötig, das amtliche Endergebnis lag bereits um 18.50 Uhr vor: fast eine Dreiviertelmehrheit für Rot- Grün. Abgegeben worden waren 109 Stimmzettel, davon 7 ungültige. Bei den Erststimmen kamen die SPD auf 45,1 Prozent, die Bündnisgrünen auf 27,45, die PDS auf 18,6, die CDU auf 7,8 und die FDP auf ein Prozent. Bei den Zweitstimmen schnitten die Sozis schlechter, die Grünen jedoch besser ab: Die SPD holte 42 Prozent, die Bündnisgrünen 31,4, die PDS 17,6, Chance 2000 ein Prozent und die FDP gar nix. „Mit diesem Ergebnis ändern wir als erstes das Asylrecht“, jubelte der grüne Bundestagskandidat Hans-Christian Ströbele. Sprach's und sauste mit seinem schnittigen kleinen Solarmobil davon.

Das Beste vom ganzen Abend verpaßte er auf diese Weise: den Auftritt der Bösen Mädchen, der Band des Mädchenladens „Lisa“. Neun ausländische Inländerinnen rockten und rapten auf der Bühne, daß die Bretter krachten. „Wir sagen nein nein nein nein nein, wir wollen nicht die braven Mädchen sein, wir sagen ja ja ja ja ja, die bösen Mädchen sind jetzt da!“

Der Generationsaufbau im Saal war geradezu symbolisch: Bewundernd sahen die Mütter auf ihre wilden Töchter, unbewegt saßen die Großmütter seitlich der Bühne, ohne auch nur einen Blick auf die Tanzenden zu riskieren. „Wir sind gemischte Menschen“, befanden die Bösen Mädchen, und Azize Tank beschloß das Programm in der Hoffnung, daß die Mischmenschen „bei den nächsten Bundestagswahlen diese Aktion nicht mehr benötigen“. Ute Scheub