Schwere Schlappe für Mečiar

Die Partei des slowakischen Regierungschefs stellt nach den Wahlen zwar die stärkste Fraktion, aber die Oppositionsparteien wollen eine Koalition eingehen  ■ Aus Bralislava Keno Verseck

Die slowakischen Oppositionsparteien feierten schon am Sonnabend euphorisch. Ihre Politiker sprachen von einer „grundsätzlichen Wende“ und davon, daß die Slowakei nun den Weg zu demokratischen und rechtsstaatlichen Verhältnissen einschlagen könne. Der slowakische Ministerpräsident Vladimir Mečiar und seine regierende „Bewegung für eine demokratische Slowakei“ (HZDS) schwiegen noch Stunden nach der Bekanntgabe der ersten vorläufigen Ergebnisse.

Das vorläufige Resultat bestätigte es: Mečiars Regime ist abgewählt. Bei den Parlamentswahlen vom Freitag und Sonnabend kam die HZDS auf 27,1 Prozent der Stimmen und verlor damit rund 8 Prozent. Sie bleibt allerdings mit knappem Vorsprung größte Parlamentspartei. Der größte Oppositionsverband, die „Slowakische Demokratische Koalition“ (SDK), in der fünf Parteien, darunter Christ- und Sozialdemokraten, Mitglieder sind, erhielt 26,4 Prozent.

Drittstärkste Parlamentspartei wurde mit 14,8 Prozent die ex- kommunistisch-sozialdemokratische „Demokratische Linke“ (SDL). Die „Ungarische Koalitionspartei“ (SMK), die die 600.000 Ungarn in der Slowakei vertritt, erhielt 8,6 Prozent; die „Partei der bürgerlichen Verständigung“ (SOP) des deutschstämmigen Bürgermeisters von Kosice, Rudolf Schuster, kam auf 8,1 Prozent der Wählerstimmen.

Von Mečiars bisherigen Koalitionspartnern schaffte die linksnationalistische „Arbeiterpartei“ den Sprung über die Fünfprozenthürde nicht. Die rechtsextreme „Slowakische Nationalpartei“ (SNP) hingegen konnte 9,1 Prozent der Stimmen für sich verbuchen. Die Wahlbeteiligung lag bei 84,2 Prozent. Internationale Wahlbeobachter, die vor den Wahlen vor einer möglichen Fälschung der Ergebnisse warnten, haben noch keine Stellungnahme dazu abgegeben, ob die Wahlen korrekt verlaufen sind.

Falls Vladimir Mečiars HZDS auch nach der Bekanntgabe des amtlichen Endergebnisses am heutigen Montag stärkste Parlamentspartei bleibt, wird sie mit der Regierungsbildung beauftragt werden. Mečiar hatte zwar vor den Wahlen angekündigt, daß er sich im Fall einer Wahlniederlage aus der Politik zurückziehen werde und kein Minderheitenkabinett bilden wolle. Noch hat Mečiar allerdings zum Wahlergebnis und zu einer möglichen Regierungsbildung nicht Stellung genommen.

Politiker der aller Oppositionsparteien erklärten unterdessen, daß sie die Regierung bilden wollten und trafen sich bereits gestern zu ersten Gesprächen über eine Koalition. Vertreter der „Demokratischen Linken“ dementierten dabei Gerüchte, sie wollten eine Koalition mit Mečiars HZDS eingehen.

Der SDK-Chef und Anwärter auf den Posten des Ministerpräsidenten, Mikulas Dzurinda, sagte zu einer möglichen Koalitionsregierung, die Oppositionsparteien müßten trotz aller Unterschiede zusammenhalten. Eine Koalitionsregierung der Opposition werde die gespannten Beziehungen zu den Nachbarländern Ungarn und Tschechien verbessern und alles dafür tun, daß die Slowakei wieder zum Kreis der ernsthaften Anwärter auf eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union und der Nato zähle.