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Der ewige Nachfolger ist am Ziel

■ Reinhard Klimmt (SPD) folgt seinem „Freund und Vorbild“ Oskar als Ministerpräsident nach. Ein Medienexperte und SPD-Archivar

Frankfurt (taz) – „Lafontaines Gouvernante“ (FAZ) Reinhard Klimmt (SPD) soll neuer Ministerpräsident des Saarlandes werden, wenn Oskar Lafontaine ein Amt in Bonn übernimmt. Schon „in den nächsten Wochen“ werde der Historiker und amtierende Vorsitzende der Landtagsfraktion zum Nachfolger von Lafontaine gewählt werden, hieß es in Saarbrücken. Kein Problem für die Genossen an der Saar. Sie verfügen über die absolute Mehrheit.

Kronprinz war Klimmt schon seit 1990. Damals scheiterte Lafontaine als Kanzlerkandidat an dem Gewinner der Wiedervereinigungswahl Helmut Kohl. Lafontaine blieb Ministerpräsident – und aus Klimmt wurde ein ewiger designierter Nachfolger. Seit den gemeinsamen Studientagen in den 60er Jahren ließ Klimmt seinem „Freund und Vorbild“ (Klimmt über Lafontaine) immer den Vortritt: „Du machst den Vorsitzenden und ich den Stellvertreter“, soll Kimmt zu Lafontaine gesagt haben, als es um den Posten des Chefs der Jungsozialisten ging. So ist es bis heute geblieben. Nur einmal hat Klimmt seinem Vorbild widersprochen: als es um die Grundgesetzänderung beim Asylrecht ging. Da war Lafontaiune aus taktischen Gründen dafür; und Klimmt aus historischen und politischen Gründen dagegen.

Seit dreizehn Jahren führt der „Sozialdemokrat mit Seele“ die Fraktion im Landtag an. Minister wollte er nie werden. Er nannte es einen „eingebauten Strukturfehler“, daß begabte Parlamentarier schnell Ministerämter anstrebten.

Außerhalb des Saarlandes hat sich Klimmt einen Namen als Medienpolitiker gemacht. In den 80er Jahren bekämpfte er vehement die Einführung des Kommerzfernsehens – und stand damit auch in der SPD auf verlorenem Posten. Der in Berlin geborene Klimmt ist heute der Leiter der SPD-Medienkommission; und immer noch ein Gegner der privaten Anstalten und des Pay TV. Sein Credo: Es dürfe keine Zweiklassengesellschaft entstehen. Auch und gerade nicht beim Fernsehen. Und schon gar nicht im Sport. Klimmt ist seit 1996 Präsident des 1. FC Saarbrücken. Und er spielt Skat.

Ein wirklich schlechtes Blatt hielt er nur einmal in der Hand: Als Lafontaine 1993 durch die „Rotlichtaffäre“ stolperte, kam auch Klimmt ins Straucheln. Er soll Personen aus dem Milieu „mit Gefälligkeiten bedient“ haben, berichtete seinerzeit der Spiegel. Klimmt wies das als „absurd“ zurück. Die Staatsanwaltschaft leitete kein Ermittlungsverfahren gegen ihn ein. Klimmt ist übrigens Sammler. Neben afrikanischer Kunst und alten Büchern sammelt er Protokolle von SPD-Parteitagen – auch die aus den Gründerjahren. Klaus-Peter Klingelschmitt

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