Bayerische Verhältnisse in Schröderland

49,4 Prozent für die SPD. Das Personalpaket der SPD für die Nach-Schröder-Zeit in Hannover steht seit langem fest. Innenminister Glogowski wird Regierungschef, Sozialministerin Merk Stellvertreterin  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

„Der Tag ist sehr schön, die niedersächsischen Sozialdemokraten fühlen sich pudelwohl“, schwärmte selbst der sonst so nüchterne niedersächsische SPD-Landesgeschäftsführer Wolfgang Senff. In Gerhard Schröders Stammland hat die SPD einen Rekord-Zugewinn von 8,8 Prozentpunkten zu verzeichnen und mit 49,4 Prozent der Stimmen das mit Abstand beste Bundestagswahlergebnis erreicht. 27 von 31 Bundestagswahlkreisen hat die SPD direkt gewonnen – 13 mehr als 1994. „In gewisser Weise haben wir jetzt hier bayerische Verhältnisse“, kalauerte der Landesgeschäftsführer der SPD.

Mit Personalfragen wollte der in Hannover verbliebene Schröder- Getreue sich eigentlich nicht belasten. Doch dann legte Senff noch einmal das gesamte Personaltableau für die niedersächsische Nach-Schröder-Zeit dar, das der SPD-Landesvorstand längst festgezurrt hat. Am heutigen Dienstag wird der SPD-Landesvorsitzende Gerhard Schröder diesem Vorstand einen Vorschlag für seinen Nachfolger im Amt des Ministerpräsidenten machen. „Ich gehe fest davon aus“, sagte Senff, daß Schröder dem Vorstand seinen bisherigen Stellvertreter Innenminister Gerhard Glogowski als neuen Ministerpräsidenten vorschlagen werde. Schließlich habe Schröder den Landesvorstand schon im Frühjahr 1997 Glogowski als seinen Nachfolger für den Fall benannt, daß er selbst zum Bundeskanzler gewählt werde. Damals im April 1997 lag für Schröder selbst die SPD-Kanzlerkandidatur noch in weiter Ferne.

Ein vorgezogener SPD-Landesparteitag wird am 10. Oktober über die Schröder-Nachfolge formell entscheiden. Gerhard Glogowski selbst war sich sicher, im Alter von 55 Jahren nun zum Abschluß seiner Karriere noch niedersächsischer Ministerpräsident zu werden. „Es wird auf dem Parteitag keinen Gegenkandidaten gegen mich geben“, versicherte der Vorsitzende des SPD-Bezirks Braunschweig, der seit achteinhalb Jahren der zuständige Landesminister für die Polizei, den Sport, die Kommunen und den Tag der Niedersachsen war.

Der SPD-Landesparteitag wird auch einen Nachfolger für Gerhard Schröder im SPD-Landesvorsitz zu wählen haben. Als neue Landesvorsitzende, so Wolfgang Senff gestern, werde der Landesvorstand dem Parteitag die Bundestagsabgeordnete Edelgard Bulmahn vorschlagen. Sie wird als eine der wenigen Frauen in Gerhard Schröders Bonner Wahlkampfmannschaft für das Ressort Forschung und Bildung gehandelt. Neuer Innenminister soll in Hannover der SPD-Landtagsabgeordnete Heiner Bartling werden, der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, die seit den Niedersachsenwahlen in März die klare absolute Mehrheit der Abgeordneten im hannoverschen Leineschloß stellt. Komplettiert wird das Personalpaket durch die Berufung der Sozialministerin Heidi Merk zur Stellvertreterin des neuen Ministerpräsidenten. Glogowski kündigte das am Sonntag abend auf der hannoverschen SPD-Siegesfeier an. Schließlich rumort es ordentlich bei den Frauen in der SPD-Landtagsfraktion, seit im Landeskabinett nur noch zwei Ressorts mit Ministerinnen besetzt sind.

Einen harten Oppositionskurs gegen das neue Glogowski-Kabinett haben gestern schon mal die Grünen angekündigt. Sie sind in Niedersachsen von 7,1 auf 5,9 Prozent der Zweitstimmen abgesackt. Auch bei einem rot-grünen Bündnis in Bonn werde es bei der klaren Oppositionsrolle der Grünen- Landtagsfraktion bleiben, kündigte die Vorsitzende Rebecca Harms gestern an. Die CDU konnte ihrem katastrophalen niedersächsischen Bundestagswahlergebnis von nur 34,1 Prozent (minus 7,2 Prozentpunkte) am Montag nur einen positiven Aspekt abgewinnen. „Erfreulich an diesem Wahlergebnis ist die hohe Wahlbeteiligung“, sagte der Generalsekretär der niedersächsischen Christdemokraten, Hartwig Fischer, als er vor die Presse trat.