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Betr.: Bundestagswahl 1998

Bundeswahlleiter Johann Hahlen prüft, ob der Privatsender RTL gegen das Bundeswahlgesetz verstoßen hat. Insbesondere die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF werfen dem Kölner Konkurrenten vor, am Sonntag gut 30 Sekunden vor Beendigung der Bundestagswahl um 18.00 Uhr seine Wahlprognose gesendet zu haben. Nach dem Bundeswahlgesetz (Paragraph 49a Abs. 1) handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, wenn „Ergebnisse von Wahlbefragungen nach der Stimmabgabe über den Inhalt der Wahlentscheidung vor Ablauf der Wahlzeit veröffentlicht“ werden. Zudem könnte eine „unzulässige Wahlpropaganda“ nach Paragraph 32 des Gesetzes vorliegen, sagte ein Sprecher des Bundeswahlleiters gestern. dpa

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Aktienzocker haben es bei der Bundestagswahl so manchem Wahlforscher gezeigt. Wochenlang handelten rund 9.500 Bundesbürger an der Wahlstreet mit fiktiven Parteiaktien und setzten dabei echtes Geld ein. Der eigentliche Anlaß des Handels war jedoch die exakte Wahlprognose. Und da hatten die Börsenbosse gestern gut lachen: „Wir liegen auf Platz zwei hinter Allensbach“, freute sich Projektleiter Boris Gröndahl von der Wochenzeitung Die Zeit, die das Spiel gemeinsam mit dem Tagesspiegel organisiert hatte.

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Die bisherige Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Tourismus, die niederbayerische Grünen-Abgeordnete Halo Saibold, hat den Wiedereinzug in den Bundestag knapp verpaßt. Mit ihrer Forderung nach einer drastischen Anhebung der Flugzeugbenzinsteuer hatte sie Anfang des Jahres für Schlagzeilen gesorgt. Bei der Listenaufstellung der bayerischen Grünen zur Bundestagswahl wurde sie dann nur auf Platz sieben gesetzt – ein Platz zu weit hinten: Die bayerischen Grünen können nur sechs Abgeordnete in den Bundestag schicken. dpa

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Fast ein Drittel aller Abgeordneten im neuen Bundestag sind Frauen. Der Frauenanteil bei den 669 Parlamentariern kletterte von bisher 27 Prozent im 14. Deutschen Bundestag auf 30,3 Prozent. Den größten Frauenanteil werden mit 57,4 Prozent weiterhin die Grünen haben. Die SPD zählt einen Anteil weiblicher Abgeordnete von 34,2 Prozent. Auf den Sitzen der PDS wird mehr als jeder zweite (57,1 Prozent) Abgeordnete eine Frau sein. Weit weniger Frauen wird es auf den vermutlichen Oppositionsbänken geben. CDU/CSU und FDP liegen mit 18,4 Prozent Frauen beziehungsweise 20,5 Prozent weit hinter den übrigen Fraktionen zurück. dpa

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Als klares Votum für eine neue Ausländerpolitik bewertet der Bundesausländerbeirat den Ausgang der Bundestagswahl. Eine neue Regierung werde sich daran messen lassen müssen, was sie zugunsten der in Deutschland lebenden Ausländer tut, sagte der Beiratsvorsitzende Murat Cakir gestern in Wiesbaden. Eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts und ein kommunales Wahlrecht für Ausländer, die nicht aus der EU kommen, seien die ersten Schritte.

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