Sicher auf der Buckelpiste

ADFC streitet mit der Hamburger Innenbehörde um Benutzungspflicht für Radwege. Ab morgen gilt ein neues Gesetz  ■ Von Heike Dierbach

„Wenn das Fahrrad in der Stadt konkurrenzfähig zum Auto sein soll, muß man schnell fahren können.“ Ulf Dietze, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) in Hamburg weiß, was RadfahrerInnen dazu brauchen: Einen ebenen Untergrund ohne Baumwurzeln, ausreichend Platz und keine Fußgänger, die ihnen plötzlich vor die Reifen springen.

Ab morgen haben RadlerInnen auf vielen Fahrbahnen Hamburgs dieses Vergnügen: Die generelle Pflicht, einen vorhandenen Radweg zu benutzen, ist bundesweit aufgehoben. Nur dort, wo ein blaues Schild ihn kennzeichnet, muß er auch weiterhin befahren werden.

Und genau darüber erhitzen sich die Gemüter. Den „letzten Sperrmüll“ habe die Innenbehörde als benutzungspflichtigen Radweg gekennzeichnet, kritisiert der ADFC. Er unterstützt exemplarisch drei HamburgerInnen in Eimsbüttel und Ohlsdorf, die vor Gericht gegen die Kennzeichnung Widerspruch eingelegt haben. Dietze selbst hat eine Eingabe an die Bürgerschaft eingereicht.

Weil einige benutzungspflichtige Radwege, etwa an der Osterstraße, am Heußweg und an der Wellingsbütteler Landstraße nicht den in der Novelle angegebenen Standards (1,20 Breite, keine Baumwurzeln, gradliniger Verlauf) entsprechen, so der ADFC, handele die Innenbehörde mit der Kennzeichnung rechtswidrig. Das Amt hingegen erkennt einen „Spielraum“, den der Bund gelassen habe. „Im Zweifelsfall geht die Sicherheit der Radfahrer vor“, so Pressesprecher Christoph Holstein.

Und die sei bei einem Verkehrsaufkommen von über 15.000 Fahrzeugen pro Stunde nur auf dem Radweg gegeben – sei er auch noch so schmal und holperig. Diejenigen Abschnitte, die „stark verbesserunsgbedürftig“ sind – nach einem Gutachten der Baubehörde rund 25 Prozent – werden „schnellstmöglich“ renoviert, verspricht Hol-stein. Lange Zeit sei in der Tat der Autoverkehr favorisiert worden, aber „jetzt wird etwas getan“ – innerhalb des „leider“ begrenzten finanziellen Rahmens.

Insgesamt jedoch habe die Behörde die Novelle „pragmatisch“ umgesetzt: Rund die Häfte der 1.800 Kilometer Radweg in Hamburg ist weiterhin benutzungspflichtig. Andere Städte, beispielsweise Frankfurt, haben sich hingegen bereits strikt an die Standards gehalten, Berlin hat gar vollends auf eine Kennzeichnung verzichtet.

Daß jedeR RadlerIn selbst entscheiden kann, wo sie sicherer fährt, glaubt und fordert auch der ADFC. Die Innenbehörde hingegen fürchtet, daß „gerade Kinder und ältere Radfahrer ihre Kompetenz oft überschätzen“ und sich auf die Straße trauen.

Eine derartige Selbsteinschätzung und daraus resultierende Radwege-Nicht-Benutzung wird künftig mit zehn Mark Strafe geahndet – theoretisch. „Eine Jagd auf Radfahrer wird es nicht geben“, beruhigt Holstein.