■ Soundcheck
: Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs

Heute abend: Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs.Jetzt mal Hand aufs Herz: Auf die Musik hat bei den Bands der Hamburger Schule noch niemand viel gegeben. Da schrammelt hinlänglich formatierter Indierock – manchmal mehr Bass (also Energie), manchmal mehr Hammond (also Gefühl), aber eigentlich kaum mehr als das richtige Hörumfeld für die Verse der Frontmänner. Außer vielleicht bei Cpt.Kirk&. und zwei Stücken von den Sternen trägt das kaum zur Sache bei. Ob Tocotronic (Slogans), Blumfeld (Universität), Die Sterne (Intimität), die Goldenen Zitronen (Politik) oder Brüllen (Wut) – je nach Charakter werden die Laute unterschiedlich laut. Die Hamburger Schule macht Gedichte für Menschen, die sich niemals Gedichtbände kaufen würden.

Das ist auch bei den Suppenwürfeln nicht anders. Wenn sie bisher noch in tongues gesprochen haben, so ist das nach vierjähriger Pause veröffentlichte Album Leichte Teile, kleiner Rock, dessen Release heute im Hafenklang begossen wird, stets auf den Sänger Carsten Hellberg zurückzuführen. Zur Sache. Intim. Schutzlos. Wie bei jeder guten Popplatte geht es auch bei diesen leichten Teilen um nichts weniger als die Bedingungen des Glücks.

Ein paar erfolgversprechende Versuche, das „Von Haus aus allein“ zu überwinden, werden auf Leichte Teile, kleiner Rock durchdekliniert: Sprache („Wort auf“), Philosophie („Anfang im Ende“), Geschichte („Geschichte spricht“), Freunde („Von Haus aus allein“). Das alles klappt nicht sonderlich gut. Annäherungen allenfalls. Denn „wir sind so gestört wie verläßlich, und Mißtrauen macht uns so häßlich“, singt Carsten Hellberg in „Respekt vor dem eigenen Hau“, dem wohl stärksten Stück der Platte.

Zum Jammern ist Carsten Hellberg immer schon zu präzise gewesen. Gelassener Skeptizimus ist sein Tonfall. Gerade deshalb treffen seine Zustandsbeschreibungen einer metropolitanen Klatsche ins Gesicht. „Wir mühen uns ab, uns beim Wortschopf zu packen.“ Und gelegentlich ziehen sich die Suppenwürfel damit wirklich aus dem Sumpf. Für einen Moment. Mehr geht halt nicht.

Volker Marquardt 21 Uhr, Hafenklang