Die Provinz traut sich was

■ Wirklich mal was Neues: In der neuen Sat.1-Krimireihe genügen manchmal die Augenbrauen zur Mitteilung ("Die Neue" 21.15 Uhr)

Sie wolle gar nicht wissen, wie Quoten und Kritik ausfallen, erklärt Hauptdarstellerin Doris Schretzmayer zuvor. Höchstwahrscheinlich werde sie heute abend ins Kino gehen – am liebesten in einen schmalzigen Liebesfilm. „Auf alle Fälle kein Film, in dem eine Frau die Hauptrolle spielt ...“

Schön, daß es in dem Beruf noch selbstironische Charaktere aushalten. Allerdings hat Doris Schretzmayer wohl kaum ernstlich etwas zu befürchten. Denn: Die Neue ist wirklich gut. Die junge Wiener Ermittlerin Lisa Engel hat es direkt nach dem Examen nach Mondsee verschlagen – selbst für österreichische Dimensionen nicht gerade eine urbane Metropole. Ein fast südstaatlicher Provinzblues legt sich über die Eingangssequenz – wären da nicht die brutalen Schüsse während der Gemsjagd, die fatalerweise einen potenten Hotelerben treffen. Während die „Neue“ noch den Schlüssel zu ihrer vernagelten Gendamerie sucht, hat ihr großkopferter Chef aus Salzburg die Angelegenheit schon als Unfall deklassiert. Natürlich ist die junge Lisa ehrgeizig genug, schließlich zu beweisen, daß es Mord war. Und natürlich will es ihr ignoranter Chef nicht wahrhaben.

Aber da hört die notwendige Berechenbarkeit auch schon auf. Denn „die Neue“ lebt davon, daß die Autoren um die Regeln des Krimierzählens wissen, sie anwenden und trotzdem in sich selbst verdrehen. Anders als die vielen selbstgewissen TV-Ermittler merkt Lisa Engel schnell, daß sie längst noch nicht das Zeug zum „Alpen-Columbo“ hat. Und ihr alter Partner Aschenbrenner ist zwar mehr als ein brummiger Besserwisser, versagt sich aber auch die Nummer mit dem „Väterlichen Freund“. Es gehört zu der Klasse der Konzeption, daß das Casting neben die sehr begabte Anfängerin Schretzmayer den erfahrenen Heinz Maracek stellte, und daß die Regie ihnen Raum läßt, nur mit einer hochgezogenenen Augenbraue oder einem zusammengekniffenen Mund zu kommunizieren. Wo im deutschen Fernsehen darf noch so geschwiegen werden? Nach „Wolffs Revier“ und „Doppelter Einsatz“ setzt Sat.1 (sonst nicht so recht geschmackssicher) die Reihe guter Krimiformate fort.

Hier stimmt wieder die Mischung, reicht die Spannung und funktionieren die Charaktere – schon weil sich die beiden Hauptfiguren ständig selbst so gern als Looser beschimpfen. Frau Schretzmayer sollte sich die Neue ruhig anschauen. Klaudia Brunst

Weitere Folgen dann immer montags, 21.15 Uhr, Sat.1