Belgrader Knebel

■ In Serbien darf nicht mehr aus ausländischen Medien zitiert werden

Wien (taz) – Wer ab heute einen Text etwa aus der taz zum Kosovo- Konflikt als Dokument in einer serbischen Zeitung abdruckt oder in einer Rundfunksendung aus einem taz-Text zitiert, macht sich strafbar. Per Dekret beschloß das Belgrader Informationsministerium am Montag „Maßnahmen gegen die psychologische Kriegsführung des Westens gegen die Bundesrepublik Jugoslawien“. In der Verordnung wird pauschal jede „Übernahme ausländischer Presseinformationen in gedruckter oder audiovisueller Form“ verboten. In einem Zusatz wird Informationsminister Vucić mit den Worten zitiert, Verstöße gegen das Dekret „werden schwer bestraft“.

Wie dieses Verbot in der Praxis aussehen wird, ist noch völlig unklar. Ziel der Maßnahme ist eindeutig, die unzähligen kleinen Zeitungen und lokalen Rundfunkstationen zu knebeln, die neben staatstreuer Propaganda in einigen Rupriken, wenn schon keine eigenen Beiträge, so doch in Form einer Dokumentation ausländische Pressestimmen abdrucken oder ausstrahlen. Beliebt ist bei oppositionellen Stadtradios die Übernahme der Nachrichtenblöcke im Balkan-Programm der BBC oder der Deutschen Welle. Regimekritische Blätter haben teilweise ganzseitige „Internationale Pressespiegel“, über die sich der Leser ein Bild davon machen kann, wie tatsächlich über den Kosovo-Konflikt außerhalb Serbiens berichtet wird.

Staatliche Medien reduzieren die Welt gerne auf China und Rußland und berichten ausführlich, wie Peking und Moskau die „westlichen Kriegstreiber“ zur Räson bringen wollen. Lob gibt es auch für die PDS und deren „sachliches Engagement“ für die „ungelösten Fragen des Balkans“, was ausführlich untermauert wird mit Zitaten aus der Jungen Welt und dem Neuen Deutschland. Die taz findet lediglich Erwähnung im angeblichen „Verband der krieghetzerischen Medien Deutschlands“ – gemeinsam mit der FAZ, der Süddeutschen und anderen. Karl Gersuny