Der Umwelt-TÜV flog aus dem Nax

■ Die SGS Surveillance überwacht Produkt- und Sicherheitsstandards

Berlin (taz) – SGS Surveillance ist eine Firma, die umwelt- und sozialverträglich wirtschaftet – aber leider in den Zeiten der Asienkrise nicht sehr erfolgreich. Die Schweizer Firma ist eigentlich ein riesiger TÜV. 40.000 Mitarbeiter in 140 Ländern überprüfen für die Schweizer Firma Güter und Produkte aller Art auf Qualität und Zustand. Und wie der deutsche TÜV Plaketten für Autos und Kühlschränke verteilt, bescheinigen die Angestellten der 400 Tochterfirmen der SGS Surveillance weltweit Industrienormen, Güteklassen und Qualitätsstandards.

Nach eigener Darstellung hat die SGS größtmögliche „Erhöhung der Sicherheit und Risikominimierung“ zum Ziel. 1878 gegründet, war sie ursprünglich auf die Kontrolle von Getreidelieferungen spezialisiert. Heute ist das Unternehmen hauptsächlich in der Kontrolle und Zertifizierung von landwirtschaftlichen, mineralogischen und petrochemischen Produkten tätig.

Die Aufnahme in den Nax verdankte SGS Surveillance ihrer Tochter SGS Enviromental Services. Diese versucht im Auftrag anderer Firmen potentielle Schäden an der Umwelt zu vermeiden oder zu minimieren. Rund 1.000 Wissenschaftler und Umweltberater führen Schadstoffanalysen durch, beraten im Umweltschutz und erstellen Öko-Gutachten.

Die Tätigkeiten im Umweltbereich dürften nur einen kleinen Teil des 1997 erwirtschafteten Gesamtumsatzes von über 3 Milliarden Schweizer Franken ausmachen. Doch mit der Mitgliedschaft im „World Business Council for Sustainable Development“ und der geschäftspolitischen Orientierung am „International Chamber of Commerce Charter on Sustainable Development“ zeigt die SGS weiteres Öko-Bewußtsein.

Eher unökologisch ist SGS allerdings in Costa Rica tätig. Dort unterstützt das Unternehmen die Regierung bei den Vorbereitungen zum Handel mit Kohlendioxidemissionen. 4 Millionen Quadratkilometer Regenwald hat Costa Ricas Umweltminister Rene Castro als „Kohlendioxid-Becken“ ausgewiesen. Die im Wald gebundene Menge Kohlendioxid kann nach dem umstrittenen Klimaabkommen von Kioto in Emissionszertifikate umgerechnet und an Industrieländer verkauft werden, die ihren Kohlendioxidausstoß dann entsprechend weniger senken müssen. Wissenschaftler der SGS haben die vom Regenwald gebundene Kohlendioxidmenge berechnet und die entsprechenden Zertifikate ausgestellt.

„Methodisch können wir der SGS dabei keinen Vorwurf machen“, kommentiert Greenpeace- Experte Bill Hare. „Aber der Handel selbst ist noch nicht erlaubt, weil die entsprechenden Abkommmen fehlen.“ Die SGS unterstützte Costa Ricas Regierung bei der „Schaffung von Sachzwängen, um den Handel schnell durchzusetzen“.

Nicht komplett ökologisch sind auch die Dienste der SGS-Tochtergesellschaft Redwood Petroleum & Petrochemical Services, die der Eröldindustrie zuarbeitet. In 120 Labors wird Rohöl auf Qualität und Verkäuflichkeit untersucht. Eine eigene Consultingabteilung hilft Ölhändlern, den besten Profit beim Rohölverkauf herauszuschlagen.

Eine Öko-Bilanzierung, der sich alle im Nax eingetragenen Firmen unterziehen sollten, hat Nax-Absteiger SGS abgelehnt. „Bei einem Dienstleistungsunternehmen ist ein Öko-Rating nicht unbedingt sinnvoll“, gab Pressesprecher De Bumont zur Auskunft. Für die Umweltagentur „ökom“, die die Ratings im Auftrag der Zeitschrift Öko-Invest durchführt, ist die Verweigerung Grund genug für einen Rausschmiß aus dem Nax. Rüdiger Haum