: Polygam und polyballistisch
■ Die Blaxploitation-Ikone Pam Grier, der das Fama jetzt ein kleines Special widmet
Directors in love – eine etwas seltsame Angelegenheit. Die heften sich mit unverschämter Hartnäckigkeit an die Fersen ihrer Heldinnen. Und bleiben doch immer auf Distanz. Als hätten sie zuviel Respekt vor den weiblichen Wesen, die sie da abfilmen. Die Geschichte dieser Wechselwirkung zwischen schwachem Filmemacher und starkem Objekt ist so alt wie das Kino selbst: von Marlene Dietrich und Josef Sternberg über Alfred Hitchcock und sein Kabinett blonder Überfrauen bis zu Francois Truffaut und Fanny Ardant. Und es ist kein Zufall, daß die Titelsequenz in Quentin Tarantinos letztem Film Jackie Brown, einer Hommage an die Blaxploitation-Filme der Siebziger und deren stärkste Exponentin Pam Grier, frappierend an die von Auf Liebe und Tod erinnert, Truffauts späte Hommage an den Film noir der Vierziger und dessen Frauenfiguren. Während der Vorspann läuft, hasten Tarantino und Truffaut ihren Heldinnen hinterher.
Keine Frage, die Herren sind Fetischisten, aber jemand wie Pam Grier hat kaum etwas dagegen, Fetisch zu sein (und Fanny Ardant natürlich auch nicht), solange sich aus dieser Funktion Gewinn schlagen läßt. Pam Grier ist die vielleicht wichtigste Ikone des schwarzen Kinos, und sie ist es auch deshalb, weil sie für ihre Sache selbstbewußt das gesamte Arsenal an Waffen einsetzt – nämlich die der Frauen und alle Arten von Schußwaffen. Polygam und poly-ballistisch kämpft sie sich auch durch Foxy Brown von 1974, bei dem ihr Hausregisseur Jack Hill die Anweisungen gab und der jetzt während eines kleinen Specials im Fama gezeigt wird. Sie spielt hier die Witwe eines Cops, die im Rotlicht-Milieu nach dem Mörder ihres Mannes sucht. Dabei posiert die Heldin als Prostituierte in einem Umfeld, in das sich leicht alle Ingredienzen des Blaxploitation-Kinos plazieren lassen: von monströsem Kunsthaar bis zu jeder auf dieser Welt existierenden Droge. Gerechtigkeit ist hier eine eher pragmatische Sache, die nicht immer den Maßgaben der Political Correctness entspricht. Immerhin halten sich Kastrationen und Vergewaltigungen die Waage.
Mit Friday Foster verhält es sich ein bißchen anders. Als der Film 1975 in die Kinos kam, erwies er sich als Flop. Was vielleicht auch daran lag, daß die stets kampfbereite Amazone hier mit einer verhältnismäßig expliziten Psychologie ausgestattet ist. Zwar hüpft sie von einer Badewanne in die andere, ein paar Szenen aber setzen der Heldin doch arg zu. Etwa wenn sie von einem Killer nackend durch den Hausflur gejagt wird.
Es ist natürlich diese immer ein bißchen verdeckt gehaltene Verletzlichkeit, die Tarantino letztendlich zur Ode an Pam Grier inspirierte. Daß sich die zu allem bereite Aktrice in Jackie Brown nicht ein einziges Mal ausziehen muß, ist da mehr als ein Nebenaspekt.
Christian Buß
Foxy Brown: Fr, 9. + Sa, 10. Oktober, 23 Uhr. Friday Foster: Fr, 16. + Sa, 17. Oktober, 23 Uhr. Jackie Brown: Fr, 23. + So, 25. Oktober, 23 Uhr, Fama (“Jackie Brown“ läuft auch von Do, 22. bis Mi, 28. Oktober, 20 Uhr, im 3001).
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