Frisierte Spielfiguren

■ Das Spiel dauert zehn Minuten: Normann Koch aus Lübeck wurde zum dritten Mal in Folge Deutscher Meister im Tipp-Kick

Wer von der Sache nichts versteht, der hält Tipp-Kick für ein Kinderspiel, bequem in der warmen Stube zu spielen. Normann Koch aus Lübeck dagegen sieht das ganz anders. „Tipp-Kick ist eine eigenständige Sportart. Die hat mit Fußball ungefähr soviel gemeinsam wie Tischtennis mit Tennis“, sagt er. Der 24jährige ist gerade zum dritten Mal in Folge Deutscher Meister geworden.

„Der Ball ist rund“ und „Das Spiel dauert 90 Minuten“ – solche Fußballweisheiten kann man beim Tipp-Kick vergessen. Hier ist der Ball zwölfeckig, ein Spiel dauert zehn Minuten, und statt 22 stehen hier maximal acht Spieler auf dem Feld. Den wesentlichen Unterschied zum Fußball aber beschreibt Koch so: „Hier bin ich alles in einer Person: Trainer, Manager, Stürmer, Verteidiger und Torwart. Ich trage die Gesamtverantwortung.“

Geradezu liebevoll spricht Koch von seinen Kickern. Die acht Zentimeter hohen Figürchen haben kaum noch etwas mit dem zu tun, was man im Spielwarenladen kaufen kann. Profis frisieren ihre Spielfiguren, ganz legal, versteht sich. Die Schußbeine sind aus millimetergenau geschliffenem Edelstahl, die Hüftgelenke bestehen aus winzigen Unterlegscheiben. Natürlich gibt es auch unter den Metallkameraden Spezialisten. Der eine ist fürs Schlenzen präpariert, der andere für Effet- oder für Weitschüsse.

Der angehende Student aus Lübeck ist seit seinem 12. Geburtstag dem Tischfußballspiel verfallen. „Tipp-Kick ist eine Mischung aus Tischtennis, Billard und Blitzschach. Vom Tischtennis hat es das Tempo, vom Billard die Präzision und vom Blitzschach die schnellen taktischen Entscheidungen“, schwärmt Koch. „Wenn ich spiele, verfalle ich in eine Art Trance, Reaktionen und Bewegungen sind dann nahezu automatisiert“, sagt er.

Nach jedem Turnier muß sich Koch erstmal psychisch und physisch erholen. Aber lange hält er es ohne Tipp-Kick nicht aus. „Ich übe ständig neue Schußtechniken und Überraschungsangriffe“, erklärt der 24jährige. Denn auch beim Tipp-Kick gilt die Fußball-Binsenweisheit: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.“ Eva-Maria Mester