„Mein Kühlschrank ist immer leer“

■ In Nachfolge von Frank Baumbauer wird Tom Stromberg im Jahr 2000 Intendant des Deutschen Schauspielhauses Hamburg. Ein Gespräch über Risiken und Nebenwirkungen

Es ist einfacher, ein marodes Haus nach einem Neuanfang zum Erfolg zu führen, als ein erfolgreiches zu übernehmen. Das weiß auch Tom Stromberg, der im Jahr 2000 die Nachfolge von Frank Baumbauer als Intendant des Deutschen Schauspielhauses antritt. Mit dem 38jährigen Ex-Intendanten des Frankfurter TAT, Organisator der Theaterskizzen der documenta X und Leiter des Kulturprogramms der Expo 2000 wird erstmals ein Agent internationaler Avantgarde ein deutsches Staatstheater leiten.

taz: Ihre Verdienste um die Entwicklung der europäischen Theateravantgarde, vor allem durch die Pflege spartenübergreifender internationaler Koproduktionen mit freien Theatermachern, sind unangefochten. In Hamburg fürchtet man aber, daß genau diese Kompetenzen Sie nicht zum Intendanten des größten deutschen Staatstheaters qualifizieren.

Tom Stromberg: Am TAT entstanden zwischen 1990 und 1995 80 Produktionen mit Regisseuren wie Christoph Nel, Elke Lang, Jan Fabre, Heiner Goebbels, Jan Lauwers. Ich habe nie freies Theater gemacht, letztlich war das TAT nichts anderes als ein funktionierendes Theater. Was Hamburg angeht: Man will auch dazulernen. Es ist richtig, daß ich noch nie ein Haus geleitet habe mit fast 400 Leuten. Aber ich habe ein kleines Haus geleitet und das Expo-Kulturprogramm, wo mit viel mehr Geld umgegangen wird als in Hamburg. Mir ist nicht bange, anzutreten. Es gibt immer ein Labor, in dem Dinge ausprobiert werden, und dann kommt der Tag, an dem sie beweisen müssen, ob sie auch vor großem Publikum tragbar sind.

Welche künstlerischen Pläne haben Sie für Hamburg?

Ich werde keine Namen nennen, außer Heiner Goebbels, mit dem ich schon seit Jahren zusammenarbeite. Hamburg ist eine Weltstadt und muß es sich auch leisten, eins der beiden großen Häuser international auszurichten. Das ist auch etwas, das sich die Kultursenatorin von mir wünscht: Namen hierher zu holen, die man heute noch nicht buchstabieren kann, aber morgen in sein Notizbuch schreibt. Aber ich will mich auch auf die Tradition verlassen, das Ensembletheater. Ich bin nicht der Festivalheini. Der Kern des Hauses sind die Schauspieler am Haus.

Die Subventionen für das Schauspielhaus sind bis 2002 festgeschrieben, alle aus den Erhöhungen der Tarifverträge entstehenden Kosten müssen aus dem Etat finanziert werden. Frank Baumbauer warnte, „der Neue wird hier einen leeren Kühlschrank vorfinden“.

Mein Kühlschrank ist immer leer. Es gibt eine unglaubliche Ressource, die eh nicht zu bezahlen ist: Kreativität. Damit muß man umgehen, bis die Schmerzgrenze erreicht ist.

Gibt es etwas, von dem Sie sagen können: Das will ich mit meinem Theater?

Immer nur Freiräume schaffen, Dramaturgien ausbreiten, in die andere ihre Geschichten hineintun können. Meine Herangehensweise hat viel damit zu tun, wie man bildende Kunst kuratiert. Daß man sich auf einen Künstler konzentriert, der dann um sich herum ein Ensemble aufbaut. Ob das Gemälde, Skulpturen oder Schauspieler sind – der Künstler steht im Mittelpunkt. Ästhetische Linien können immer nur im nachhinein benannt werden. Interview: Christiane Kühl