■ Nachschlag
: Wenn Architekten Dichter treffen: Nalbach und Kapielski im „art'otel“

Am Mittwoch abend im „art'otel“ im Ermelerhaus in der Wallstraße unterhielten sich der Wiener Architekt Gernot Nalbach und der Berliner Dichter Thomas Kapielski über Stadt und Raum. Es war der achte Teil einer von der LiteraturWerkstatt Pankow und dem Bund Deutscher Architekten organisierten Veranstaltungsreihe, deren Prinzip recht simpel ist: Ein Architekt trifft in dem Haus, das er gebaut hat, einen Schriftsteller, der sich auch mal so oder anders mit dem Stadtraum beschäftigt hat.

Zwar hatte nicht Gernot Nalbach, sondern seine Frau das neugebaute „art'otel“ ans Ermelerhaus angedockt, doch die war leider wegen Grippe verhindert, und außerdem pflegen die beiden ohnehin zusammen zu bauen. Wie auch immer. 15 Zuschauer waren gekommen. Gernot Nalbach sagte, daß das Hotel „eine schwierige Übung“ gewesen sei, und klagte darüber, daß der Bauherr die Architekten bis jetzt noch nicht voll bezahlt habe. Dann führte er die Leute durchs Haus. Stolz wies er auf Details, erklärte die etwas unterkühlt resp. seelenarm designten Zimmer. Kichernd besichtigte man auch die schön gestalteten Aborte.

Weil es ein art'otel ist, hängen überall Baselitze. Auf dem Flurteppich steht hundertmal in der hübschen Handschrift des Architekten ein „Spruch“ von Aristoteles: „Ziel der Kunst ist nicht die Darstellung der äußeren Erscheinung der Dinge, sondern ihre innere Bedeutung.“ Ich dachte an eine Monty-Python-Folge, in der jemand Fußabtretermatten mit Porträts von Roosevelt, Stalin und Churchill herstellt, die in Nazi-Deutschland rasenden Absatz fanden.

Thomas Kapielski war mit einer Bauhaus-Plastiktüte gekommen und las aus einem Vorwendetext, in dem es so klug wie lustig um die Augsburger Straße, Poller, Peripherie, Zentrum und solche Dinge ging. Ein Gespräch wollte danach nicht so recht in Gang kommen. Intellektuell gab das alles nicht so viel her. Kapielski sagte, daß ihm alte Hotels, „Plüschsanatorien“ besser gefielen als moderne Bauten, wie das „art'otel“.

Gernot Nalbach ging es um „Haltung“. Weil Kirchen und Schlösser unter Bedingungen übelster Ausbeutung entstanden sind, würde er da prinzipiell nicht reingehen. Unter welchen Bedingungen die Arbeiter, die das Ermelerhaus bauten, leben mußten, wußte er allerdings auch nicht so genau. Als Kapielski monierte, daß Architekten immer alle Freiflächen zubauen müßten, fühlte sich Nalbach sehr beleidigt: ob man denn inzwischen „wieder so weit“ sei, „daß ganze Berufsgruppen diffamiert werden“. Gerade in Berlin sollte man vielleicht mal behaupten, daß Architekten im Kapitalismus im gleichen Verhältnis zur Kunst stehen wie etwa Werbeleute. Detlef Kuhlbrodt