Ein Ombudsmann löst allerlei Probleme

■ Die Grünen wollen einen Bürgerbeauftragten des Bundestages einsetzen – und schielen auf einen Posten fürs Personalkarussell

Berlin (taz) – Die Bündnisgrünen nehmen die Idee ernst, die Republik werde mit der Ablösung des Katholiken Kohl nördlicher und protestantischer. Die Position des in Schweden seit 1810 existierenden Ombudsmannes, eines vom Parlament bestellten Kämpfers gegen Behördenwillkür und Schildbürgerstreiche, soll nun auch hierzulande auf bundesstaatlicher Ebene entstehen. Ombudsleute in Gemeinden, Universitäten und Betrieben schießen seit einiger Zeit wie Pilze aus dem Boden.

Der Ombudsmann des Bundestages könnte zunächst freilich ein Problem der Grünen selbst lösen helfen. Das Amt wäre neu einzurichten – und somit ideal, um den innerparteilichen Personalslalom um Quoten und Flügelzugehörigkeiten zu begradigen. Nach einem Zeitungsbericht käme die bisherige Vorsitzende des Petitionsausschusses, Christa Nickels, als Ombudsmann in Betracht. Ob die Position deswegen umbenannt wird, blieb vorerst unklar. In Schweden und Finnland, den Traditionsländern der – übersetzt – Treuhänder, fanden sich unterschiedliche Lösungen: Während die finnische „Frau Ombudsmann“ Pirkko Mäkinen es „lächerlich“ fand, ihr Amt zu feminisieren, kämpfte Schwedens weiblicher Ombdusmann, Lena Svenaeus, jahrelang um neues Briefpapier mit dem Kopf „Ombudsfrau“.

Mit der Ausrufung einer „personalisierten parlamentarischen Verwaltungskontrolle“ (Grüne) kommt die Bürgerrechtspartei nun allerdings der PDS ins Gehege. Laut PDS-Fraktionssprecher Jürgen Reents sind die in Fraktionsstärke in den Bundestag einziehenden Demokratischen Sozialisten am Vorsitz im Petitionsausschuß „stark interessiert“ – einem Amt, das eng mit dem Ombudsmann zusammenarbeiten müßte. Konkurrenzen zwischen Ombudsmann und Petitionsausschuß mag Reents zunächst nicht sehen. „Das hängt von der genauen Konstellation ab.“ In Reents eigener Person ist das Gerangel darum bereits abzusehen, ob die Grünen oder die PDS die Partei sind, die sich den Sorgen der BürgerInnen besser annimmt. Reents war früher selber bei den Grünen, jetzt findet er, „daß die PDS prädestiniert ist für diese unmittelbare Schnittstelle zwischen Parlament und Volk“.

Nach den Vorstellungen der Grünen würden der Ombudsmann wie der Vorsitzende des Petitionsausschusses vom Parlament gewählt. Im Unterschied zum Ausschuß könnte ein Ombudsmann aktiv auf Mißstände aufmerksam machen – und sie selbst an den Petitionsausschuß herantragen. Ombdusmann und Petitionsausschußvorsitzender wären nach Ansicht der Grünen formell gleichberechtigt.

Der erste Ombdusmann, den die Bundesrepublik kennt, der seit 25 Jahren eingerichtete Bürgerbeauftragte von Rheinland-Pfalz, begrüßte gegenüber der taz die Einrichtung einer Beschwerdeperson beim Bund. Viele Probleme, mit denen er sich herumzuschlagen hätte, ergäben sich aus Bundesgesetzen, sagte Ullrich Galle. „Ich habe bislang keine unmittelbaren Gesprächspartner auf Bundesebene“, beklagte der Mann, dessen Arbeit in Rheinland-Pfalz immer stärker nachgefragt ist. Letztes Jahr wandten sich 3.131 Benachteiligte an ihn, 15 Prozent mehr als 1996. Beinahe in zwei Drittel aller Fälle – meist Probleme von Strafgefangenen und Ausländern – habe er helfen können.

Die bisherige Vorsitzende des Petitionsausschusses, Nickels, kennt Galle bestens. „Wir arbeiten gut zusammen“, meinte er. tnt/cif