Abschied vom Stundenabhalten

■ Gesamtschule Bergedorf: Positive Bilanz für Profilklassen

Als KellnerInnen herausgeputzte SchülerInnen servieren Gemüsebratlinge und griechische Olivendips, ihre Klassenkameraden pressen selbst Apfelsaft und bieten Bio-Brot feil. Zwischendrin preisen wieder andere das Extrablatt der Schülerzeitung schwarz auf weiß an, zwei Schüler bilden ein Kamerateam und filmen alles mit.

Mit Beginn des Schuljahres 1997/98 waren an der Gesamtschule Bergedorf im Jahrgang neun die bestehenden Klassenverbände aufgelöst und Profilklassen eingerichtet worden. Die SchülerInnen konnten sich entsprechend ihren Neigungen unter Schwerpunktthemen organisieren und einen Tag pro Woche unabhängig von Pausenglocken und Schulstundenrhythmus an ihrem Projekt arbeiten.

In dieser Zeit hat die Projektklasse „Die Firma“ beispielsweise eine Photovoltaikanlage auf dem Schuldach errichtet, die Klasse „Mensch und Natur“ hat den Schulhof ökologisch umgestaltet mit Trockenmauer, Grill und Laube. „Studio-Klassen“ machen Pausenradio und Videosendungen, die Bistro-Klasse hat ein Klassenzimmer in ein gemütliches Bistro umgestaltet und serviert einmal die Woche zur Mittagspause Leckereien, und die Theater-Klasse hat für Kulturprogramm gesorgt.

Arno Combe, Professor für Schulpädagogik an der Uni Hamburg, der das Projekt wissenschaftlich begleitet, zog jetzt eine erste, positive Bilanz: „Die Schule verabschiedet sich vom bloßen Stundenabhalten und einem Unterricht, der mehr mit dem Auswendiglernen eines Telefonbuchs als mit realen Problemen zu tun hat.“ Auch für Lehrer gebe es viel neues: „Lehrer müssen lernen, loszulassen und nicht immer alles dirigieren zu wollen“, erläutert Combe. Für Schulleiterin Renate Nietzschmann waren die ausschlaggebenden Gründe für die Einrichtung der Profilklassen die ungenützten Fähigkeiten und Hobbies der SchülerInnen außerhalb der Schule. Das Gefühl, „Ich werde gebraucht“ sollte „ab und zu auch in die Schule Eingang finden“, beschreibt sie die Motivation.

Vorläufig läuft das Projekt weitere eineinhalb Jahre, bis in einer endgültigen Bilanz der wissenschaftlichen Begleitung und der Schule entschieden wird, ob die Profilklassen in Bergedorf zur festen Einrichtung werden.

Eva Wolfangel