■ Standbild: Abstieg zur AOK
„Am liebsten Marlene“, Do., 19.25 Uhr, ZDF (Pilotfolge zur 21teiligen Serie)
Fleißig war sie. Redlich und immer lieb, unsere Krankenschwester Stephanie. Was hat sie nicht alles auf der Privatstation von Sat.1 verpflastert? Und dabei mit braunen Kulleraugen tapfer ihrem kleinem Privatleben ins Sturmauge geblickt. Eine bienenemsige Jeanne d'Arc, die sich gegen das Schicksal einer kränkelnden und vernachlässigten Nation stemmt.
„So eine muß befördert werden!“ sprach das ZDF. Doch der Wechsel der Kathrin Waligura zum Öffentlich- Rechtlichen bringt ihr zwar einen Ehrendoktortitel samt Approbation als Bahnhofsmissionsärztin, kommt aber ansonsten eher einem Zäpfchenritt in die Niederungen der AOK gleich. Denn wer am Berliner Ostbahnhof Bereitschaft hat, der, so will es das beflissentlich realistische Drehbuch, kann sich einen Missionsbesuch im Busch sparen. Angenehm pampig fuchtelt sich Frau Dr. durch das geballte Elend und reißt sich das alberne Samtaugen- Image wie ein durchgeeitertes Pflaster ab. Auch privat hat sie alle Hände voll zu tun. Sei es nur, daß sie beim Sex mit ihrem dumpfbackigen Freund die Dringlichkeit erkennt, einmal das Thema Organspende anzuschneiden. Das Schönste aber sind die Giftspritzen in der angesifften Mission. „Das ist nur eine Schuppenflechte“, zischt Frau Doktor da zur ekelgrünen Schwester Katharina, „die ist genetisch bedingt und unterscheidet sich von der bekanntlich durch Milben verursachten Krätze ungefähr so stark wie unsere beiden Seelen.“ Welch trefflich gespuckte Definition, die den eigenen Berufsstand zwischen häßlich geränderter, aber ehrlicher Berufung und unhygienischer Verachtung sortiert. Einen neuen Termin bei Frau Doktor, bitte! Birgit Glombitza
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