Verpackungshersteller setzen auf Singles

■ Der Verpackungsberg läßt sich laut Herstellern nicht mehr verringern

Nürnberg (taz) – Weniger geht nicht mehr, meint die deutsche Verpackungsindustrie. Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 168 Kilogramm Verpackungen im Jahr seien die Bundesbürger 1997 an einer Untergrenze angekommen. 65 Kilo Papier und Karton, 46 Kilo Glas, 24 Kilo Holz, 19 Kilo Kunststoff und 14 Kilo Blech – soviel Packstoffe verbraucht jeder einzelne. Dies rechnete die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung gestern zur Eröffnung der Verpackungsmesse FachPack in Nürnberg vor, auf der 700 Aussteller mehr als 20.000 Fachbesucher erwarten.

Die ganze Umweltdiskussion spiele bei der Verpackungsindustrie, so Dieter Berndt vom Deutschen Verpackungsinstitut, nicht mehr die entscheidende Rolle – „auch dank der Konzentration auf die Klimafrage“. Die Müllvermeidung stagniert. 40 Milliarden Mark geben Deutschlands Verbraucher für Kartons, Tüten und Folien Jahr für Jahr aus. Mehr Verpackungsmüll hinterlassen nur US-Amerikaner (250 Kilogramm pro Person im Wert von insgesamt 170 Milliarden Mark) und Japaner (125 Milliarden Mark).

Mit zehn Kilogramm Verpackungsmaterial geben sich die Menschen in den Entwicklungsländern zufrieden – in denen die deutsche Verpackungsmittelindustrie prompt einen großen Markt sieht. Jede dritte Verpackungsmaschine weltweit kommt aus Deutschland, das im vergangenen Jahr Maschinen für rund fünf Millarden Mark exportierte.

Hoffnungen setzt die Branche auf die steigende Zahl von Singles, denn die machen mehr Müll als andere: durch Convenience-Produkte bei Lebensmitteln und immer kleinere Packungen. Vernachlässigt hat die Branche bislang die Senioren. „Beschriftungen müssen lesbarer werden, Inhalte – gerade Arzneimittel – müssen sich gut dosieren lassen, und die Pillen sollen nicht gleich beim Öffnen der Packung auf den Boden kullern“, umreißt Berndt den Markt der Zukunft. Horst Peter Wickel