Visahindernislauf

Die Bundesbürger sind Weltmeister im Verreisen, doch die Hürden für Urlauber aus anderen Ländern nach Deutschland sind hoch gesteckt. Rund 176.000 Anträge auf ein Touristenvisum wurden im vergangenen Jahr abgelehnt. Die Entscheidung muß nicht begründet werden. Man kann allerdings dagegen schriftlich protestieren und nötigenfalls auch vor einem Verwaltungsgericht klagen.

Die Entscheidungsmacht über kurzfristige Aufenthalte liegt in den Händen des Personals der ausländischen Botschaften und Generalkonsulate. Nicht länger als zwei bis drei Tage brauche man in der Regel – Hochsaison ausgenommen – für die Bearbeitung, behauptet das Auswärtige Amt. Wegen der steigenden Antragszahlen entspricht das aber in vielen Ländern längst nicht mehr der Realität. Kundenfreundlichkeit und kürzere Wartezeiten mahnen Wirtschaft und Politik an: Geschäftsreisende warten häufig länger auf ein Visum, als sie Zeit in Deutschland verbringen wollen.

Neben Afrika, Asien und Lateinamerika ist nun auch Osteuropa von äußerst mißtrauischer Prüfung der Visaanträge betroffen. EU-Bürger und ihre Familienangehörigen benötigen grundsätzlich kein Visum, wenn sie Freunde in der Bundesrepublik besuchen wollen. In Osteuropa gilt ein Zweiklassensystem: Bosnier, Bulgaren, Letten, Mazedonier, Serben und Russen werden als visumspflichtige Ausländer eingestuft. Kroaten, Polen, Tschechen und Slowaken brauchen dagegen kein Visum.

Die Grundlage für vereinfachte Reisebestimmungen in der Europäischen Gemeinschaft bildet das Schengener Abkommen. In Schengen kamen 1985 erstmals die Regierungschefs der Beneluxstaaten, Deutschlands und Frankreichs zusammen, um den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den Binnengrenzen zu vereinbaren. Während die internen Grenzkontrollen wegfielen, wurden jene an den Außengrenzen verschärft. Wer allerdings ein Schengener Visum hat, kann sich prinzipiell in ganz EU-Europa bewegen.

Die besten Optionen haben Antragsteller, die einen Gastgeber vorweisen können, der im Notfall für alle Kosten aufkommt. Für eine Einladung müssen ein Einkommensbescheid, Mietvertrag und Versicherungsnachweis vorgelegt werden. Die Urlauber dürfen die „Interessen der Bundesrepublik“ nicht beeinträchtigen. Das bedeutet zuvörderst: Bevor der Staat für irgendwelche Kosten aufkommen muß, wird der Einladende zur Kasse gebeten.

Welche Einkommenshöhe als ausreichend betrachtet wird, ist von Bundesland zu Bundesland verschieden und wird von den Innenministerien bestimmt. So hat Sachsen-Anhalt zum Beispiel die Grenze von 8.000 Mark brutto erst nach Protesten auf das jeweils Anderthalbfache des Sozialhilfesatzes veringert. Ute Eschenbacher