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Wenn die Tochter wissend wird

■ Beratung für Eltern, Kinder und Firmenchefs: Neues Projekt kümmert sich um die Ausbildung türkischer Jugendlicher

Wenn 15jährige sich entscheiden sollen, welcher Beruf der richtige für sie ist, dann tun sich die meisten schwer. „Erzählen Sie mal: Was sollen wir jetzt machen?“ lautet die typische Eingangsfrage, die Mechthild Hof zu Beginn eines Beratungsgesprächs zu hören bekommt. Seit einigen Wochen arbeitet die Sozialpädagogin beim Altonaer Projekt „Berufsorientierung für türkische Jugendliche“. Offiziell eröffnet wird die Anlaufstelle erst am 27. Oktober. Erste Beratungen in türkischer oder deutscher Sprache sind jedoch schon möglich.

„Wir versuchen in erster Linie Motivationsarbeit zu leisten“, erläutert Ali Baylan, der die beiden Zweigstellen des Projekts in Kiel und Neumünster betreut. Motiviert werden sollen auch die Eltern. „Die wollen wir zum Beispiel dafür einnehmen, daß auch die Tochter eine Ausbildung machen kann.“ Es sei zwar zu kurz gegriffen, zu sagen, türkische Eltern blockierten per se die Ausbildungswünsche von Mädchen. Dennoch hätten sie oft sehr traditionelle Vorstellungen vom Leben einer Frau. „Wenn die Tochter wissend wird und plötzlich mehr weiß, als der Vater“, so Baylan, „dann ist der Konflikt in türkischen Familien programmiert.“

Hier wollen die insgesamt fünf MitarbeiterInnen der Anlaufstelle intervenieren, wollen in türkischen Cafés oder direkt in den Familien aufklären und informieren. Wissenschaftlich begleitet wird das aus Mitteln des Bundesministeriums für Arbeit finanzierte Modellprojekt vom Vorsitzenden der türkischen Gemeinde in Deutschland, Professor Hakki Keskin.

1996 verließen 16.880 ausländische Jugendliche in Deutschland die Schule ohne einen Hauptschulabschluß. Rund 45 Prozent von ihnen waren türkischer Abstammung. Sie und all jene, die mit einem Abschluß von der Schule gingen – 1996 waren das bundesweit schätzungsweise 17.000 türkische Jugendliche –, zählen zur Hauptklientel des Projekts. Denn ihnen stehen nur wenige Berufe offen. Türkische Mädchen finden am ehesten eine Lehre als Friseurin oder Arzthelferin, Jungen arbeiten als KFZ-Mechaniker, Maler oder Installateure.

Die oft schlechteren schulischen Voraussetzungen sind nur ein Grund dafür. Nicht selten scheitert eine Lehre auch am Einstellungsverhalten deutscher Firmen. Ob das Projekt hier Vorbehalte abbauen kann, bleibt abzuwarten. Denn: „Bewirbt sich ein Mädchen mit Kopftuch und will Verkäuferin werden“, so Mechthild Hof, „dann hat sie praktisch keine Chance.“

Karin Flothmann

Berufsorientierung für türkische Jugendliche, Hospitalstraße 111, 22767 Hamburg, 38610840

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