Basketballkorb war Auslöser

■ Prozeß um tödlichen Messerstich vor Jugendclub in Hohenschönhausen. Ein 18jähriger Rußlanddeutscher starb. Auf der Anklagebank sitzen sechs Kosovo-Albaner und Makedonier

Seit dem Tod des 18jährigen Rußlanddeutschen Juri B. ist im Jugendclub VIP in Hohenschönhausen alles anders. Bis zu dem vergängnisvollen Tag waren in dem Kontaktladen Jugendliche sämtlicher Nationalitäten ein- und ausgegangen. „Der Club hatte den Anspruch, wer da ist, ist da“, sagt Clubleiter Uwe Saalmann. Jetzt kommen nur noch Aussiedler aus der GUS und in Berlin geborene Deutsche. „Die Bosnier und Albaner trauen sich nicht mehr her. Sie haben Angst vor Rache.“

Juri B. wurde am 27. April dieses Jahres gegen 20.30 Uhr vor dem Jugendclub in der Rüdickenstraße durch einen Messerstich ins Herz getötet. Vor dem Landgericht begann gestern der Prozeß gegen die mutmaßlichen Täter: eine Gruppe von sechs jungen Konsovo-Albanern und Makedoniern. Der älteste von ihnen, der 26jährige Hauptangeklagte Adnan Z., muß sich wegen Totschlags verantworten, die übrigen wegen Beteiligung an einer Schlägerei.

Die Auseinandersetzung, bei der Juri B. starb, hatte sich an einem verbogenen Basketballkorb entzündet. Nach Auffassung von Besuchern des Clubs war der Korb aber nur das Tüpfelchen auf dem i. Denn zwischen den Rußlanddeutschen auf der einen und den Bosniern, Kosovo-Albanern und Makedoniern auf der anderen Seite kriselte es schon länger. Die Jugendlichen hätten ein sehr unterschiedliches Temperament. Vor allem die Albaner seien nicht so beliebt, weil sie sehr laut und fordernd seien und „besonders machomäßig“ aufzutreten pflegten, hieß es am Rande des Prozesses.

Der Anklageschrift zufolge waren die Albaner und Makedonier bei der Schlägerei in der absoluten Übermacht. Zunächst war der Rußlanddeutsche Eduard H. das Opfer. Der Jugendliche hatte sich, nachdem er den Basketball durch das Netz geworfen hatte, an den Korb gehängt und diesen dabei verbogen. Wenig später wurde Eduard H. laut Staatsanwaltschaft von den mit einer Metallstange und einem Messer bewaffneten Angeklagten in ein Gebüsch gedrängt. Dort sei er geschlagen und getreten und von Adnan Z. zweimal mit dem Messer in den Oberschenkel gestochen worden. Obwohl die Gruppe einen sehr massiven und überlegenen Eindruck gemacht habe, sei Juri B. seinem bedrängten Freund zu Hilfe geeilt. Daraufhin habe ihn Adnan Z. mit einem Stich getötet. Sämtliche Angeklagte seien dabei anwesend gewesen.

Der aus Kasachstan kommende Juri B. hatte seit zweieinhalb Jahren in Berlin gelebt. Seine siebenköpfige Familie sitzt als Nebenkläger in dem Prozeß, der bis Mitte Dezember terminiert ist. Der Hauptangeklagte Adnan Z. wollte sich gestern nicht zu den Vorwürfen äußern. Er wurde von einem mitangeklagten Landsmann belastet, der die gegen Eduard H. gerichteten Messerstiche gesehen haben wollte.

Adnan Z. quittierte die Aussage mit einem breiten Grinsen. Für die im Zuschauerraum sitzenden Freunde von Juri B. gab es daraufhin kein Halten mehr. Mit funkelnden Blicken sprangen die beiden Männer auf und ließen ihrem Haß freien Lauf: „Was ist das für ein Arschloch, das da sitzt und lacht?“ – „In den Arsch werde ich dich ficken!“ riefen sie drohend. Die Wachtmeister konnten die beiden nur mit großer Mühe aus dem Saal drängen. Plutonia Plarre