Autokratie mit ökologischem Anstrich

■ Im Tauchparadies Malediven wurde Präsident Gayoom für eine fünfte Amtszeit wiedergewählt. Er war mal wieder der einzige Kandidat

Delhi (taz) – Weiße Atoll- Strände, Palmen und blaues Meer prägen das Bild der Malediven. Doch hinter der paradiesischen Fassade des Inselstaats im Indischen Ozean verbirgt sich die autokratische Herrschaft von Präsident Maumoon Abdul Gayoom. Aus den Präsidentschaftswahlen vom vergangenen Freitag ist er erneut wie erwartet als Sieger hervorgegangen. Gayoom war der einzige Kandidat, nachdem ihn das Parlament bereits im September unter fünf anderen als den geeignetsten Bewerber ausgewählt hatte.

Die 126.000 männlichen Stimmberechtigten, von denen knapp drei Viertel zur Urne gingen, stimmten 91 Prozent für ihn. Gemäß Verfassung kann sich jeder maledivische Bürger – so er männlich, mindestens 35 Jahre alt und sunnitischer Muslim ist – als Kandidat beim Parlament anmelden. Da die meisten Abgeordneten ihren Sitz der Gunst des Präsidenten verdanken, bleiben unliebsame Kandidaten in der geheimen Selektion chancenlos.

Gayooms konstitutionelle Diktatur begann 1978 mit einem demokratischen Putsch gegen Diktator Nassir Ibrahim, geriet aber bald in dasselbe autokratische Fahrwasser. Gayoom zwang seine Weggefährten ins Exil und besetzte die Schlüsselpositionen – Armee und Polizei, Atoll-Verwaltung, Fischerei- und Tourismus-Ministerien – mit Familienmitgliedern. Ihm half die Zersplitterung der kleinen Bevölkerung auf rund 200 der insgesamt 1.198 Inseln. Der Hauptort Malé, eine Kleinstadt von 15.000 Einwohnern, läßt sich als politisches Zentrum leicht kontrollieren.

Gayooms wichtigste Stütze ist seine Wirtschaftspolitik. Sie bringt mit ihrer gezielten und insgesamt umweltschonenden Förderung des Unterwasser-Tourismus jährlich 360.000 Besucher ins Land, davon ein Viertel aus Deutschland. Die Touristen lassen 200 Dollar pro Tag zurück. Zusammen mit der Fischerei beschert dies den Maledivern ein Pro-Kopf-Einkommen von 900 Dollar, was sie weit über das Niveau der südasiatischen Nachbarn hebt. Allerdings muß fast alles importiert werden. Die strikte Trennung von Besuchern und Einwohnern – Tourismus-Projekte werden nur auf unbewohnten Inseln gestattet – schützt die Einheimischen vor negativen Folgen des Massentourismus und demokratischen Ideen.

Am 3. November jährt sich zum zehnten Malé der bizarre Putschversuch eines Maledivers, der zusammen mit srilankischen Tamil- Rebellen die Hauptstadt Malé vom Meer aus angriff und besetzte. Das rasche Eingreifen indischer Spezialeinheiten beendete den Spuk. Seitdem gilt Delhi als wichtige Stütze und ist wie die USA an der politischen Stabilität des strategisch plazierten Archipels interessiert. Proteste wie von amnesty international gegen willkürliche Verhaftungen von Kritikern ignorierte Gayoom bisher gefahrlos. Dafür profilierte er sich als Mahner vor den Folgen des Treibhauseffekts, der Inseln wie die Malediven bedroht. Bernard Imhasly