Nach 16 Jahren Haftunterbrechung für Adelheid Schulz

■ Die seit 1982 inhaftierte RAF-Gefangene kommt wegen ihres chronisch angegriffenen Gesundheitszustands vorläufig frei. Eine Rückkehr in den Knast ist unwahrscheinlich

Berlin (taz) – Nach fast 16 Jahren wurde die zu lebenslanger Haft verurteilte RAF-Gefangene Adelheid Schulz am Montag aus der JVA Köln-Ossendorf entlassen. Maßgeblich für die von der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe verfügte Haftunterbrechung war der sich seit Jahren verschlechternde Gesundheitszustand der 43jährigen. Sie wird sich nun medizinisch behandeln lassen.

Ob Schulz nach ihrer Genesung noch einmal hinter Gitter muß, ist nicht endgültig geklärt. Die Haftunterbrechung bleibt zunächst auf ein halbes Jahr begrenzt. Anläßlich der Prüfung einer „vorzeitigen Entlassung“ hatte die Bundesanwaltschaft im vergangenen Jahr wegen der „besonderen Schwere der Schuld“ eine 19jährige Haftstrafe gefordert, diesen Antrag jedoch später wegen der angeschlagenen Gesundheit der Gefangenen schrittweise auf 17 Jahre reduziert. Bliebe es dabei, müßte Adelheid Schulz nach ihrer Genesung noch einmal rund zwölf Monate zurück in den Knast. Das gilt als unwahrscheinlich. Allerdings hat das zuständige Oberlandesgericht Düsseldorf darüber bisher nicht entschieden.

Adelheid Schulz war am 10. November 1982 zusammen mit Brigitte Mohnhaupt an einem Erddepot der RAF nahe Frankfurt festgenommen worden. 1985 verurteilte das OLG Düsseldorf sie wegen Beteiligung an der Entführung und Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer im Herbst 1977 und der Erschießung des Bankiers Jürgen Ponto wenige Wochen zuvor zu dreimal lebenslanger Haft. 1994 folgte vor dem OLG Stuttgart auf Basis von Kronzeugenaussagen der in der DDR festgenommen RAF-Aussteiger erneut ein Lebenslang-Urteil wegen einer Schießerei, in deren Verlauf 1978 an der deutsch-holländischen Grenze zwei niederländische Zollbeamte erschossen worden waren.

In den vergangenen Jahren hatten Angehörige der RAF-Gefangenen und ihr Anwalt Andreas Groß wiederholt gegen die Fortdauer der Haft und eine mangelnde medizinische Versorgung der Gefangenen protestiert. Tatsächlich bestätigte jetzt ein mit der Angelegenheit vertrauter Beamter, in der Haft habe „keine Aussicht auf Besserung des Gesundheitszustands mehr bestanden“.

Nach der Entlassung von Adelheid Schulz sind jetzt noch sieben frühere Aktivisten der RAF in Haft: Eva Haule, Rolf Heissler, Birgit Hogefeld, Sieglinde Hofmann, Christian Klar, Brigitte Mohnhaupt und Rolf Clemens Wagner. Gerd Rosenkranz