Justizministerium wird einverleibt

■ In der rot-roten Koalition in Mecklenburg-Vorpommern gibt es nur noch acht Ministerien. Drei Minister wird die PDS stellen

Schwerin (taz) – Ein Chemiker und ein Betonbauingenieur wollen in den kommenden vier Jahren Mecklenburg-Vorpommern regieren. Harald Ringstorff, der künftige SPD-Ministerpräsident, und Helmut Holter, der designierte PDS-Regierungsvize, besiegelten gestern in Schwerin die bundesweit erste rot-rote Koalition. „Wir wollen in diesem Land ein neues politisches Klima schaffen“, bekräftigten die Parteichefs gestern. Die Schwerpunkte der Regierungsarbeit sollen die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Rechtsextremismus sein. Die Zeiten der gesellschaftlichen „Ausgrenzung“ seien vorbei, so Ringstorff.

Die SPD besetzt die Ressorts Inneres, Wirtschaft, Finanzen, Kultur und Landwirtschaft – fünf der insgesamt acht. Der PDS wurden drei Ministerien, Umwelt, Bauen/Landesentwicklung und Soziales zugesprochen. Abgesehen von der bisherigen und auch zukünftigen Finanzministerin Sigrid Keler, dem scheidenden Justizminister Rolf Eggert, der Wirtschaft übernimmt, und Ministerpräsident Ringstorff verfügt kein Mitglied des neuen Kabinetts über Ministererfahrung.

Die Nachricht, daß das Justizministerium zu einem „Bereich“ in der Staatskanzlei reduziert werden soll, verärgerte den Deutschen Richterbund und die oppositionelle CDU. „Nach der Ankündigung, die Stasi-Überprüfung abzuschaffen“, sei das „die konsequente Fortsetzung der Beschädigung des Rechtsstaats“, zürnte der Schweriner CDU-Fraktionschef Eckhardt Rehberg. Verschiedene Richter rügten die Verknüpfung von Judikative und Exekutive. Ringstorff ficht das nicht an. Er verstehe „die Aufregung“ nicht.

Der 30seitige Koalitionsvertrag muß morgen von den Parteitagen der SPD und PDS in Güstrow und Parchim abgesegnet werden. Allein über den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor sollen laut Vertrag 3.000 neue Jobs entstehen. 2.500 davon hängen von der Bewilligung von Bundesmitteln ab. „Eine Garantie für sichere Arbeitsplätze“, gestand Harald Ringstorff zerknirscht ein, gebe es folglich nicht.

Am Donnerstag abend hatten die Landesvorstände, Landtagsfraktionen und Parteiräte von SPD und PDS die Koalition mit großer Mehrheit begrüßt. Nur die PDS- Landesspitze zittert noch. Sie benötigt eine Zweidrittelmehrheit der unberechenbaren Delegierten, um das Regierungsbündnis durchzusetzen. Ringstorff weigerte sich gestern zu sagen, ob er sich – sollte diese Zweidrittelmehrheit nicht zustande kommen – notfalls auch ohne schriftlichen Vertrag von der PDS tolerieren lassen werde. „Von hypothetischen Fragen halte ich nichts.“ Heike Haarhoff