Riester: Schon mit 60 Jahren in Rente

■ Arbeitsminister Riester (SPD) denkt über neuen Generationenvertrag nach. Mit 60 in Rente, um den Jungen Platz zu machen. Rentenausfälle sollen durch einen Tariffonds ausgeglichen werden. Metallarbeitg

Berlin (taz/rtr/dpa) – Gleich zu Beginn seiner Amtszeit als Arbeits- und Sozialminister hatte Walter Riester (SPD) gesagt, die Rente sei ihm „das Wichtigste“. Die Rentenreform will er im kommenden Jahr über die Bühne bringen. Allerdings in korrigierter Form. So soll ein Tariffonds Arbeitnehmern künftig ermöglichen, bereits mit 60 Jahren in Rente zu gehen. Riester präsentierte diese Idee am Wochenende bei einer Konferenz der IG Bergbau, Chemie, Energie in Duisburg.

Ein Berufsausstieg mit 60 Jahren, so Riester, soll den Arbeitsmarkt entlasten. Allerdings könne der frühe Ausstieg nicht von der Rentenversicherung getragen werden. Der Arbeitsminister empfiehlt, daß sich Arbeitgeber und Gewerkschaften darauf verständigen, einen Teil der Lohnerhöhungen in einen Tariffonds zu geben. Möglich sei auch, die vermögenswirksamen Leistungen in den Topf einzuzahlen. Der „Rentenaufstockungsfonds“ könne Teil eines Bündnisses für Arbeit werden, sagte Riester. Der Fonds soll ältere Arbeitnehmer mit finanziellen Beihilfen motivieren, verstärkt Altersteilzeitmodelle zu nutzen und früher in Rente zu gehen. „So könnten wir den verstopften Arbeitsmarkt für junge Menschen öffnen und die drohende dramatische Jugendarbeitslosigkeit verhindern“, sagte Riester.

Innerhalb der Gewerkschaften wird der Arbeitsminister und ehemalige zweite Vorsitzende der IG Metall ausdrücklich unterstützt. Dieter Schulte, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, sagte, es sei richtig, die Arbeit von der älteren auf die jüngere Generation umzuverteilen. Kritisch äußerte sich auf dem Kongreß am Wochenende Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Riesters Pläne wären nur mit neuen Kosten für die Unternehmen verbunden. Hundt sagte, es sei nicht möglich, 60jährige ohne Abschläge in Rente gehen zu lassen. Riesters Pläne nannte er „Wohltaten aus einer Wundertüte“.

Weniger abweisend hatten bereits zuvor die Metallarbeitgeber reagiert. Als Mitte Oktober IG- Metall-Chef Klaus Zwickel den Tariffonds erstmals in die Diskussion brachte, hatten sie spontan zugesagt, über den Vorschlag mit der Gewerkschaft sprechen zu wollen. Auch Zwickel beabsichtigt, den Fonds aus möglichen Lohnzuwächsen zu finanzieren. Allerdings sollen die Tarifparteien paritätisch einzahlen. Zwickel sagte, ein Teil der Lohnerhöhungen und ein zusätzlicher Betrag der Unternehmer sollten in den Fonds fließen. Derzeit werden die Renten um 18 Prozent gekürzt, wenn jemand mit 60 statt mit 65 Jahren in Rente geht.

Auch wenn sie das Gespräch mit den Arbeitnehmern nicht scheuen, bewerten vor allem Vertreter der regionalen Matallarbeitgeber den Fonds skeptisch. So warnte der nordrhein-westfälische Vertreter der Metallarbeitgeber, Martin Kannegiesser, davor, die Frühverrentung qualifizierter, älterer Arbeitnehmer über die „Stillegungsprämien“ zu stark anzuheizen. Ältere Beschäftigte stellten außerdem einen großen Teil der Fachkräfte. Ein kurzatmiger Aktionismus drohe den Fachkräftemangel zu verschärfen.

Riester will nicht nur nach verbesserten Möglichkeiten der Altersteilzeit suchen. Er möchte auch alle 620-Mark-Jobs versicherungspflichtig machen. Alle Jobs, in denen mehr als maximal 300 Mark verdient werde, sollen in die Sozialversicherungspflicht eingebunden werden. roga