Friedensabkommen und Militärintervention

■ Westafrika beschließt Sicherheitsrat für sich selbst und Eingreiftruppe für Guinea-Bissau

Berlin (taz) – Eine neue Ära ist es nicht ganz geworden, was die 16 Staatschefs Westafrikas beim 21. Gipfeltreffen ihrer Regionalorganisation „Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft“ (Ecowas) in Nigerias Hauptstadt Abuja zuwege gebracht haben. Zwar wurde einstimmig die Gründung eines Ecowas-Sicherheitsrats beschlossen – zum ersten Mal hat Westafrika nun eine ständige politische Einrichtung zur Schlichtung von Konflikten. Doch als ersten Schritt danach beschloß die Ecowas eine ganz traditionelle Militärintervention – in Guinea-Bissau, wo seit Juni Krieg zwischen der in den Aufstand getreteten Armee und den von Präsident Nino Vieira zu Hilfe gerufenen Eingreiftruppen aus Senegal herrscht.

Die bestehende Ecowas-Truppe „Ecomog“ (Ecowas-Militärbeobachtergruppe), die derzeit in Sierra Leone stationiert ist und von Nigeria beherrscht wird, soll jetzt auch in Guinea-Bissau stationiert werden. So sieht es ein Friedensabkommen vor, das am Sonntag zu Abschluß des Ecowas-Treffens ausgehandelt wurde. Die Ecomog- Einheiten treten bis Ende November an die Stelle der ungeliebten Soldaten aus Senegal und Guinea, die derzeit Guinea-Bissaus Hauptstadt Bissau besetzen – eine Hauptstadt, deren Bewohner größtenteils vor dem Krieg in den Busch geflohen sind. Unter Ecomog-Ägide soll eine Regierung der Nationalen Einheit aus beiden Seiten des Bürgerkriegs bis Ende März 1999 Wahlen organisieren. Die Ecomog soll zugleich die Grenze zwischen Guinea-Bissau und Senegal sichern. Von dort fürchtet Senegals Regierung Angriffe von eigenen Rebellen, die für die Unabhängigkeit des südlichen Senegal kämpfen und in Guinea-Bissau Basen haben.

Für Senegal ist der Beschluß eigentlich eine Niederlage. Monatelang hatte es versucht, aus eigener Kraft die Kontrolle über den unruhigen südlichen Nachbarn zu erlangen; nun muß es das Feld zugunsten der von Nigeria dominierten Ecomog räumen. Senegals Präsident Abdou Diouf wollte denn auch zum Gipfelabschluß nicht so richtig zugeben, daß seine Truppen Guinea-Bissau verlassen würden, was gestern dazu führte, daß der Rebellenrundfunk in Guinea-Bissau gestern gleich Zweifel am Friedensabkommen anmeldete.

Wie bereits bei den vorherigen Ecomog-Interventionen in Sierra Leone und Liberia gibt es also auch diesmal von vornherein Probleme. Wenn die Ecowas ihren neuen Sicherheitsrat ernst nimmt, könnte sie diese Probleme friedlich lösen. Allerdings schienen die Gipfelteilnehmer Schwierigkeiten zu haben, sich von alten Zeiten zu lösen. Nigerias Staatschef Abdulsalam Abubakar begeisterte seine Kollegen zum Gipfelauftakt mit einer Hommage an seinen Vorgänger, den Diktator Sani Abacha. „Nigeria hat mit ihm einen brillanten und tapferen Soldaten Westafrikas verloren“, sagte Abubakar, bevor er seine Kollegen zu einer Schweigeminute aufrief. Dominic Johnson